84. An Mamama

Die Briefe zeugen davon, dass Stil und Haltung des Autors sich im Privaten und im Öffentlichen kaum unterschieden. Unbeirrbar war und blieb Peter Hacks in seinen mit weitreichenden Studien und Lektüren unterfütterten ästhetischen und politischen Anschauungen. Olymphoch sah er sich über allerlei »Idioten« und deren Kümmernissen stehen. Geplagt wurde er zwar immer wieder von Witterungsschwankungen, Schnupfen und anderen lästigen Zipperlein, in keinem Moment jedoch von Zweifeln, gar Selbstzweifeln. Hacks, der einen sozialistischen Absolutismus für das bestmögliche Staatswesen hielt, stellt sich auch hier als allzeit aus lichter Höhe auf die Dinge blickender und sie in die richtige Ordnung bringender Souverän vor.

Viel Platz nehmen in den Briefen Bestelllisten von Gebrauchs- und Luxusgütern aus dem Westen in Anspruch. Im Wechsel mit den oft recht undankbaren Dankesschreiben für die eingetroffenen Waren, vorwiegend Konfektion und Delikatessen, stehen sie am Anfang beinahe jedes Schreibens an die Mutter. Man könnte nun daraus schlussfolgern, dass das hehre Ideal vom Sozialismus für den DDR-Immigranten Hacks spätestens am Esstisch in der Mangelwirtschaft endete. Tatsächlich zeigt sich in der Vorliebe für exklusive Produkte vor allem die fehlende Bereitschaft eines von seinen exzeptionellen Leistungen überzeugten Künstlers, auf die angemessenen Annehmlichkeiten zu verzichten. / Martin Hatzius, Neues Deutschland 21.3.

Peter Hacks schreibt an »Mamama«. Der Familienbriefwechsel 1945-1999. Hrsg. Von Gunter Nickel, Eulenspiegel Verlag, 992 S., geb., 49,99 €.

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