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Filmpremiere in Berlin – „An den Rand geschrieben. Rumäniendeutsche Schriftsteller im Fadenkreuz der Securitate“ – und Podiumsgespräch
05.10.2010
Berlin/Neue Bundesländer
Am 5. Oktober 2010 um 20.30 Uhr wird der Film „An den Rand geschrieben. Rumäniendeutsche Schriftsteller im Fadenkreuz der Securitate“ von Helmuth Frauendorfer erstmalig gezeigt. In der Ankündigung heißt es: „Sie wurden bespitzelt, bedroht und verhaftet. Ein dichtes Netz von Informanten wurde um sie gespannt, um Desinformation zu streuen und Verleumdungs- und Zersetzungsmaßnahmen gegen sie durchzuführen. Am Beispiel seiner Schriftstellerkollegen erzählt Helmuth Frauendorfer die Geschichte deutschsprachiger literarischer Entwicklungen im rumänischen Banat in den siebziger und achtziger Jahren und deren Behinderung durch den Machtapparat des Diktators Nicolae Ceauşescu. Erst aus den Geheimdienstakten erfuhren die Autoren, wie hartnäckig ihre Verfolgung nicht nur in Rumänien, sondern auch nach der Ausreise in die Bundesrepublik war.“
Nach der Begrüßung durch Dr. Hubertus Knabe, Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, und der Filmvorführung findet ein Podiumsgespräch mit Herta Müller, Gerhardt Csejka, Helmuth Frauendorfer, Johann Lippet, Horst Samson, William Totok und Richard Wagner statt. Moderiert wird das Gespräch von Ernest Wichner, Leiter des Literaturhauses Berlin.
Die gemeinsame Veranstaltung der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, des Instituts für Kultur und Geschichte Südosteuropas und des Literaturhauses Berlin findet im Hackesche Höfe Kino,
Rosenthaler Straße 40/41,
10178 Berlin, statt.
Anmeldung ist erforderlich bei
André Kockisch, Telefon: (0 30) 98 60 82-4 13
(0 30) 98 60 82-4 13
E-Mail: a.kockisch[ät]stiftung-hsh.de.
Ort: Hackesche Höfe Kino, Berlin
Veranstalter: Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, IKGS, Literaturhaus Berlin
Banater Dorf. In den 80ern
„Mein gott wie wir da leben.
Wie wir auskommen, so
ohne worte.
Aneinandergedrückt, durch die
Kälte die uns
keine wahl läßt“
nbz, 13.10.1982
Damals
wusste man, woran man war.
Die Erde war flach wie ein Brett und rund wie eine Scheibe.
Jedes Dorf hatte seine eigene Hutweide.
Man war, was man aß, klar.
Was man dachte, las.
Stockte und schluckte.
Das war´s.
Heute weiß man:
Einer hat sich wohl erhängt. Ein zweiter hat ein doppeltes Spiel getrieben. Ein dritter wiederum hat einen vierten auf dem Gewissen. Die Hälfte der damaligen Vorstellungen waren falsch.
Aber Hier&Jetzt
Erstaunen und Entsetzen liegen
so dicht beieinander wie nie zuvor.
Ich weiss.
Früher Stummfilm
Was wollen die Leute
Richard Wagner
Reden, noch
lachen können,
wollen die einen.
Noch
Lachen
Reden
Die Anderen
Zeit für Lyrik
Nun, da alle Messen gelesen und der Lauf der
Dinge fest steht, bleibt soviel Zeit übrig.
Zeit, die du zu Anderem verwenden könntest als
Erinnern oder Vergessen
Es ist einfach geworden:
Du musst niemanden mehr überzeugen
Grammatik des Sommers
Wieder einmal bietet sich dem Ohr des Volkes Lärm. Streit, lauthals
vorgetragen im Kühlraum des Supermarkts
Der Mächtigen.
Ihr Erwartungshorizont, auf ein Minimum geschrumpft, reicht er hin bis zur Deklination des Verfallsdatums…
Ratlosigkeit, hochgezüchtet, macht sich breit im Zeitungsregal,
dem persönlichen Umfeld der Leitartikler.
Dafür sind plötzlich die Wörter wieder da.
Sie bedeuten nichts.
Komparsen der Sinnmaschine
Sprache
stehen sie herum
Wohl wissend:
Du darfst sie nicht beim Wort nehmen
Atemübung
Federnd, angespannt der Geist,
leicht nickt der Kopf,
dein Körper
meint es gut mit dir.
Reden. Worüber.
Arsch,
Sack & Zwirn daneben/(dann eben)
Nichts.
Zwänge, Ballast, nicht auszuräumender Müll der Metaphern, Zement.
Die übliche Wahrheit genügt nicht.
Das Innere bleibt ausgespart, der Atem flach,
da gebietet offen zu reden
der tägliche
Umgang mit den Mächtigen:
Tod,
Sprache, wem sag ich´s?
Die Verblendung
Während der eine seine Widersacher postmodern human guillotinieren lassen möchte,
findet der Paradigmenwechsel im
„Haus der Donauschwaben“
in Westeuropa/Sindelfingen,
auf der Strassenseite gegenüber fliessend,
ja geradezu dialektisch
statt.
So teilte man mir kürzlich per Aushang mit,
ich möge meine Bibliotheksbesuche
künftig
vorab beim Hausmeister C.
(Name ist dem Verfasser bekannt)
anmelden.
Zum 60ten.
I know, I have to go
Cat Stevens
Vorm Frühstück (auch diesmal):
Lesen. Böll, Heinrich. Wie vermessen ist es, zu glauben,
dieser Welt sei beizukommen
mit Wörtern.
Seit ´nem Jahr lebe ich nun schon hier. Weiß noch, wie der Schnee aussah, im letzten Winter, als Schnee lag auf den Nachbardächern, hier auf der Goldmühle (ist übrigens alles gold hier, Goldbach, Goldmühle, Goldberg)
in Westeuropa/Sindelfingen, wo ich letztes Frühjahr noch auf der Neurologie lag, die Psychosen wechselten im 10-Minutentakt, dann Rekonvaleszenz, Sommer.
Im Altenheim bin ich mit 58 der Jüngste.
Nun ein Jahr hier. Ab und an ein Schwäche/-Schreibanfall, als:
„Tönender Biss in die Kehle des Tags den sie züchten“ (Bossert)
Was für´n Jahr.
Vorweggenommene Winterlandschaft 2013
Freundlich, ja geradezu vertrauensselig, der blick in die gesichter der menschen, die wangen gerötet, als müsste sie jeden augenblick heraussprudeln, die einzige,
frohe Botschaft,
die stille schmerzliche
nicht zu übertönende
traurige wahrheit.
Wie eine Winterlandschaft, in die
Kein wort fällt, keine
Umts masten ragen, durch die keine schneise der Verwüstung sich zieht, in den gesichtern,
kein anfall, kein
wort darüber
nur
schnee, schnee, schnee.
November
Kahl schon, um die zeit, die bäume. Weisser rauch steigt auf & schwebt hinweg über
die maginotlinie der Kehlköpfe, die schützengräben
des winters 2013/14.
Frühzeitig tritt sie ein, die jahreszeit, pünktlich wie ein henker der
seinen anteil abtritt
an die vernunft des vollzugs
ebendieser november, auf frischer
tat ertappt, wie er
seine beute verteilt
zaghaft
zittriger vorgeschmack,
auf den
winter dessen
deutungshoheit ich mich
entziehe.
Für R. W.
Unterwegs um den tisch
Nocheinmal und noch einmal
auf und ab und um den balkan,
den balkon
Hinüber-
Herüber
Gerettet, die zunge
die Schere im kopf
Heissa
Es raschelt im blog
Wie die tage sich gleichen
Wie sich die tage gleichen
Im geschenkten leben
Stärker als das wissen, das ahnen
ist die gewissheit, dass …
ach leut´,
ich vergass,
´s ist Freitag heut´
Wie es sich anfühlt, Epigone
von Balthasar W. zu sein
Ja nun, wie wär´s? Als Epigön
Wüsst´ ich auf alle fragen schön
die anwort: Hier, ich habs, ich weiss
Noch´n reim der Herr? Na bitteschön
Es holpert wie es holpern muss
Nun streikt zu allem überfluss, der rechner noch, die schreibmaschin´
sie weiss wie ich, & zwar genau,
um elf uhr fünfzehn kommt die frau.
Denn hier regiert nicht nur der reim,
der leere & der volle bauch
der versfuss & (streckenweise auch)
Balthasar W.
FREUNDSCHAFTLICHE WARNUNG
VORM VORZEITIGEN ABGANG
Jetzt pass ma´ auf.
Nimm dich zusammen, ja?
Lärm´ nicht, trampel nicht, drängel nicht,
Steh hier nicht rum. Und halt die klappe.
Deine Weisheiten kannst du für dich behalten,
die braucht hier keiner.
Hörst du,
Wir alle wissen
que pasa
Tu uns den gefallen und Verschwinde von hier
HAU BLOSS AB.
Oder
Konzentrier dich.
Noch das eine mal.
Lass dir was einfallen.
Gib nicht auf.
Mach uns keine schwierigkeiten
Sei kein spielverderber
Sei koop
Erativ
Guck ma´: drüben, da stehn sie schlange,
BEIM PETRUS
Lungern rum, maul
helden wie Du.
Sieh ein: Dein typ ist gerade nicht gefragt
Düster, dunkel & schummrig
Stimmung & Poesie
geht’s auch heller, freundlicher
meinen
die es wissen müssen.
Und wie?
froher halt, fröhlicher
mit zynismus kommst du nicht
durch, merk dir´s
du weißt, wir haben schon mal´n auge
zugedrückt
aber diesmal,
sieh zu wie du klar kommst
wir garantieren für nichts
ab hier geht’s weiter ohne lyrik
Worauf es bem guten Prosagedicht ankommt
Geschenkt,
Der aufwand. Wozu prosagedichte?
Faseliges Gestammel (S., nachdem er seine Freunde ans messer geliefert hat)?
Der nackte Schrecken
Uneinsichtiges
Beharren auf Begriffen. Verhältnismässigkeiten,
etc.
Wer spricht hier von „Theorie“?
Geht’s noch?
Ach, halt die KLAPPE
Was heute noch hinzukommt:
Die sprunghaftigkeit ist noch sprunghafter geworden
Hoppla
jetzt red i,
dialektgestammel, als gäbs was anderes
in L. wo h. im knast sitzt bald
für ne zeit/weile, wie geht zeit, wenn nicht
zugeteilt, portioniert von anfall zu anfall, wie zugefallen von wem, egal, er spürt´s eh nicht mehr.
Mach uns nichts vor.
Bestimmt, von wem auch immer, reichts diesmal für als ein paar zeilen mehr,
eh´ ES zurückschlägt.
So flieg ich auf
& davon.
Wo ich lande? Beim langen prosagedicht.
Na denn pros´(a).
Fünf laute jahre
Fünf laute jahre sind nun um
Die zeit dreht sich im kreise.
Der lärm des lebens halb verstummt
Bleib leise, sag ich leise
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fünf laute jahre
fünf laute jahre sind nun um
die zeit dreht sich im kreise
der lärm des lebens halb verstummt
bleib leise, sag ich leise
LikeLike
„after changes upon changes, we are more or less the same“
Das hatten wir doch alles schon mal. Z. b. die einsicht, dass schwarz/weissmalerei von übel ist, selbst wenn die causa noch so
NOBEL sei. Erinnert ihr euch denn nicht mehr?
Seventyfour/seventyfive
Oder soll das alles nicht mehr gelten, nur weil DAS RAD DER GESCHICHTE sich in STOCKHOLM einen zahn weiter gedreht hat, als die meisten von uns je anzunehmen wagten. Und nun die geschichte(n) neu geschrieben werden muss/müssen…
So fehlt eine, auch nur ansatzweise, behandlung der angenehmen momente des rumäniendeutschen schriftstellerdaseins, die es ja auch gegeben hat (natürlich immer im geschichtlichen kontext gesehen, natürlich).
Täuscht mich da meine erinnerung völlig?
Oder möchte vieleicht einer die gelegenheit nutzen, jetzt, wo man euch zuhört, und, ganz im geiste von 1974 (oder 1987), über die probleme der globalisierten gegenwart (nein um gottes willen, nicht der RUMÄNIENDEUTSCHEN) schreiben.
Das wäre doch mal eine herausforderung. Damit das alles nicht umsonst war.
Ich weiss, erstaunen und entsetzen liegen heute so dicht BEIEINANDER wie nie.
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dann meld ich mich mal wieder.
fünf jahre sind vergangen. wagner verstummt. die zeit dreht sich im kreise. der rest des lebens ist verstummt. bleib leise, sag ich leise
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