127. „Think globo, act loco“

heißt so ein Sprüchlein. Er gefällt mir. Vor allem weil er zweideutig ist. Spricht man das „o“ im Wort loco kurz, wirds Spanisch und bedeutet verrückt. Ein bißchen verrückt muß schon sein, mancher findet die Grenze nicht. Loco, immer wieder Gedichte zu schreiben, die nicht nur nichts ändern, was man verschmerzen könnte, sondern es ist auch nicht sicher, ob sie überhaupt eineR findet. (Auch das R ist ja vielleicht loco). Loco, immer neue Verlage und Zeitschriften zu gründen, immer neue Blogs, obwohl immer wieder welche eingehen („als ob die alten nicht gelanget hätten“, Brecht), das Geld in den Sand setzen, obwohl die Zahl der Leser oder User kaum mitwächst. Loco, 10 Jahre lang jeden Tag ein paar Lyriknachrichten in die Welt zu setzen in der Hoffnung auf den unbekannten Klicker. (Immerhin, 20 im Schnitt warns zuerst pro Tag, heute im Schnitt zwischen 400 und 600 laut WordPress-Zähler (der meine eigenen Klicks rausrechnet). Also mache ich weiter für meine Leser in Argentinien oder Liechtenstein. Loco, loco. Und dann und nur dann sozusagen globo.

Verrückt, werden 70-80 Prozent der Passanten gedacht haben, als sie mich zehn  Wochen im Frühjahr auf einen Schuttberg am Karl-Marx-Platz in Greifswald Erde und Pflanzen auftragen sahen. (Einer aber, der mir sagte, daß er mich jetzt hier sehe, habe seinen Tag gerettet, sei hier umarmt. Willkommen, Bruder.) Mein Guerillagarten wuchs und blühte gelb rot blau weiß lila und so, aber vor 2 Wochen kamen Bagger und fraßen alles weg. Nur Trümmer sind  noch da, ich hoffe mal, sie machen meine Arbeit weiter und tragen am Ende Erde und Gras drauf.

Loco 1 und loco 2: seit 4 Wochen hat die sozusagen globale Lyrikzeitung einen kleinen lokalen Bruder. Auf http://pomlit.wordpress.com/ gibts es da lokale Nachrichten. Klar, daß Lyrik dabei ist (aber es gibt noch mehr im Leben, auch in Pommern). Klicken Sie mal rein.

3 Comments on “127. „Think globo, act loco“

  1. Was grawen seh ich doch? herrscht hie nun Schlam vnd Wust,
    Mein Gratz*? stundt allhie dein Gärtchen, dessen Lust
    Wir brüderlich verknüpfft vnß zu gebrauchen pflagen?
    Hat diese Wüsteney die schöne Frucht getragen?

    (Simon Dach: „Klage über den endlichen Vntergang vnd ruinirung der Musicalischen Kürbs=Hütte vnd Gärtchens“).

    *Gratz: im Original „Albert“ [= der Komponist Heinrich Albert]

    In Königsberg gab es 1641 zwar noch keine Bagger, aber.

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