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Es grenzt an Tollkühnheit, wenn ein Verlag einen Band mit Journalen und Tagebüchern von Gerard Manley Hopkins, einem ebenso gerühmten wie zugleich unbekannten Dichter, vorlegt in einer Zeit, da alle Buchherstellung auf Verkauf sinnt. Hopkins (1844-1889) war ein Sonderling in seinem Leben wie in seinem Werk. Als Werk hat er seine Sprachspielereien, Sprachexperimente, Sprachforschungen und Gedichte ohnehin nie verstanden. Er machte sie denn auch zu Lebzeiten nur einem kleinen Freundeskreis bekannt. …
Die stets sich wandelnde Gestalt dieser Luftbildungen festzuhalten, ihr Changieren in Farbe und Gestalt zu beschreiben, erfindet Hopkins eine eigene Sprache, in der die Worte so wenig haltbar sind wie die Naturerscheinung selbst. Er entwirft ein Idiom, das die Grammatik nicht achtet, keine Wortgrenze, keine Kompositionsvorschriften kennt. Worte und Dinge zerfließen in eins. Die Schönheit der Wolkenszenarien reißt ihn so hin, dass sie nur wie stotternd beschrieben werden kann, die Augenweide, die er genießt, geht in Stammeln unter: „Nach sechs ein sehr mager-strukturierter und blasser Damm von Pferdeschwanz Wolken nach Nordosten und Südwesten, die Formation der Haare oder Fäden im rechten Winkel, und näher betrachtet wurde es erkennbar als gegliederte Zweige. Ebenso am Morgen blasse durchsichtige entballende weiß-rosa Wolke in Blau getränkt und bald schwindend.“ …
Hopkins‘ Übersetzung von Naturbeobachtungen in Dichtung noch einmal in eine Fremdsprache zu transponieren, scheint kaum möglich zu sein, ein Grund für die geringe Bekanntheit dieses Autors außerhalb Englands. Der Übersetzung von Peter Waterhouse ist das schier Unmögliche jedoch gelungen. / HANNELORE SCHLAFFER, SZ 2.3.
GERARD MANLEY HOPKINS: Journal. Aus dem Englischen von Peter Waterhouse. Verlag Jung und Jung, Salzburg 2009. 279 Seiten, 28 Euro.
GERARD MANLEY HOPKINS: Geliebtes Kind der Sprache, zweisprachige Ausgabe, aus dem Englischen übertragen und kommentiert von Dorothea Grünzweig, 299 Seiten, Klappbroschur, Edition Rugerup, Nimrod Förlag, Hörby (Schweden) 2009.
GERARD MANLEY HOPKINS: Auf dem Rückflug zur Erde, englisch und deutsch (gesprochen von George L. Low und Helmut Becker), Einführung von Dorothea Grünzweig, Cembalo-Kompositionen von Henry Purcell (gespielt von Peter Kofler), Hörbuch, CD und Booklet, Edition Rugerup, Lyrik Kabinett und INIGO Medien, München 2009.
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