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144. Salingers Feinde
Feinde hat er viele, denn der Homo sapiens sapiens, besonders wenn er auch noch Kritiker und Schriftsteller ist, hat Probleme mit Gattungsgenossen, die geheimnisvoller als er selber sind. Ian Hamilton („Lyriker, Essayist und Robert-Lowell-Biograf“) hat lange auf den Spuren Salingers geforscht. Eine Erforschung des „Privaten“, die er mangels hinreichender Ergebnisse als Essay präsentiert. Aber wenn man „Das Werk und der Rest. Auf der Suche nach J.D. Salinger“ gelesen hat, hat man den Eindruck, noch weniger über den Menschen zu wissen: als habe Hamilton die Puzzleteile beim Lesen nur neu arrangiert. Und das Werk, zerpflückt mit dem einzigen Ziel, Hinweise auf die Biografie zu finden, macht einer parasitären Textauslegung Platz. / Jacques A. Bertrand, Le Magazine Littéraire (Nachdruck einer Rezension von 1989)
Ian Hamilton: Auf der Suche nach J. D. Salinger („In search of J. D. Salinger“). Limes-Verlag, Berlin 1989
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ähnlich wie bei Werthers Leiden ist ja das Verhältnis von Werk und Wirkung erstaunlich. Selbst heute, wie aus den USA gemeldet wird, gehen immer noch jedes Jahr 250 000 Exemplare von Salingers Buch über den Ladentisch. Hier wirkt Irrationales. Die „Helden“ beider Romane sind „Nicht-Helden“. Man kann nur annehmen, dass die Zeit reif war für das Zerplatzen eines Sicherheits-Ventils. Druck-Freigabe! Eine extreme Befreiung. Die längst fällig war. Da frage ich mich, was heute die 17jährige Helene Hegemann mit ihrem Jugendroman, grad herausgekommen, „ansteuern“ kann. Unsere moderne Welt bietet den 17hährigen fast nur Freiräume. Wo sind Verbote, Sittenkodex, Zwangsarbeit, Heldentod fürs Vaterland?
Ein Hauch „absurdes“ liegt in der Luft. Auch Goethe und Salinger, beide psychisch oft auf der Messerklinge, schöpften aus Phantasien des Unmöglichen. Sich nicht abfinden wollen. Nein zu sagen zur Welt ohne Rezepte. Heine sprach vom „Weltriss“.
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