Die Letzten

„Wir sind die Letzten“, heißt es in Hans Sahls berühmtem Exilanten-Gedicht, „fragt uns aus!“ Hans Keilson war der letzte jüdische Schriftsteller, der – gefördert von Oskar Loerke – bei S. Fischer debütierte; das war im Jahr 1933. … 1986 erschien der Gedichtband „Sprachwurzellos“, der mittlerweile in einer vierten, erweiterten Auflage vorliegt; 1992 kam das im Exil entstandene und erst jetzt abgeschlossene Poem „Einer Träumenden“ hinzu. Nun ist eine weitere dieser schmalen Sammlungen erschienen, mit „Reden, Gedichten und einer Geschichte“. Sein Titel verdankt sich einer großen und bewegenden Rede, die Keilson 1999 vor der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung gehalten hat und die von der Frage handelt, wie sich eine Geschichte zur Sprache bringen lasse, in der Worte vorkommen müssen wie „Birkenau“ und „meine Eltern“. Die „sieben Sterne“ des Großen Wagens sind es, unter deren Zeichen Keilson dieses Geflecht aus Erinnerung und Erörterung, Autobiographie und Poesie gestellt hat, Rückblicke „aus der Sicht eines alten Mannes, der in der Fremde zu Hause“ ist und zwischen zwei Sprachen. Daneben stehen Gedichte wie das (vor drei Jahren in dieser Zeitung zuerst erschienene) „Experiment“ und zwei Prosastücke; manche kleinere Arbeiten allerdings vermißt man, etwa den erstaunlichen Dialog mit dem Germanisten und einstigen SS-Mann Hans Schwerte. / Heinrich Detering, FAZ 21.1.04

Hans Keilson: „Sieben Sterne“. Reden, Gedichte und eine Geschichte. Mit einem Nachwort von Gerhard Kurz. J. Ricker’sche Universitätsbuchhandlung, Edition Literarischer Salon, Gießen 2003. 48 S., br., 8,50 [Euro].

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