Café 1: Paul Zech

Im Café, an der Gedächtniskirche, sitzen
auch zuweilen junge Dichter, und herumgebaut
Judenmädchen oder -mütter. Manche haben Zitzen,
manche auch nur Pickel auf der Haut.

Aus den Dichtern, wenn sie das Verhältnis finden
zu den Zitzen oder Pickeln, wird auch mal ein Buch.
Die Geliebte lässt es sich in Saffian binden
und erläutert die Erotik dem Besuch.

Später, wenn die Dichter sehr berühmt geworden,
sitzen sie schon weniger häufig im Café,
haben eine Ehefrau, vielleicht auch Orden
und was sonst ein Bürger braucht fürs Renommee.

Einmal werden sie auch human werden müssen.
(aber das gehört hier nicht mehr her)
Und wir kommen wieder zu den Kokaingenüssen,
Judenmädchen, Kleistpreis und dergleichen mehr.

© Shaker Verlag / Rolf Schneiders Berliner Anthologie, Berl. Morgenpost 19.4.03

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..