Das ging schnell mit vergessen

HEL (Herbert Laschet Toussaint)

(* 1957 in Eupen, Belgien, lebt in Berlin)

Aus: ANDANTE

Keine post im kasten
keiner kommt auf besuch
Telefon wird mir zu teuer.
Bleibt das geliehene buch
Das ging schnell mit vergessen
Menschheitsdämmerung dahin
Halten die freunde? hält der kurs?
wer zahlt den statusgewinn?

Damals waren sie geil drauf:
Haste 'n fanzine? kuck!
heute beschwert sich eine
über nen textabdruck
Wo sind die schreiber geblieben?
sie wollten überall rein
Sie gingen mit dir ins bett dafür
im statusirresein

Ich dachte es ständ unsre sache
im saft auf jahre hinaus
Ich sag euch es is 'n scheißdreck
Das konto blutet aus
Deal überzeichneter aktien
mir wird das langsam zu bunt
Ich bin nich euer habitushahn
und nicht euer statushund

Ich hab mein habitat und
ich brauch keinen habitus
Ich hab meinen biorhythmus
Der könig schläft noch und schluß
Willste wat? dann geh suchen
Du bist der bittsteller! klar?
brauchste mich? dann stell dich an
ran an die statusbar

Ich hatte ne alte liebe
mit kochtopp in sanftem grau
betrog sie mit ner jungen
ner businessklassefrau
Die betrog mich wieder
mit einem der war zwar alt
aber sein geld war faltenlos
der nahm sie mit statusgewalt

Sie machte im bett auf model
und tat wer weiß wie als ob
Ich sagte: haste das nötig
das hier is nich dein job
Sie sagte: reine gewohnheit
ich bin eben well defined
Sie brach in die knie und ich hielt sie im arm
und dann hat sie vor status geweint

Aus: HEL: NA55PO3M. Berlin: SuKuLTuR, 2. Aufl. 2005 (1. 2003) (Schöner Lesen 015)

2 Comments on “Das ging schnell mit vergessen

  1. lieber HEL, schade dass du nicht per Email oder WhatsApp erreichbar bist, denn ich pack das mit der Echtpost einfach nicht mehr. Deine Briefe mit Schreibmaschine sind goldwert, aber ich erledige einfach alles Ferne digital, um dadurch mehr Zeit für alles analog Nahe zu haben. Bin ausgebrannt von den hyperaktiven Jahren und habe nur noch ein gesundheitlich bedingtes Hobby: Chillen. Verzeih mir. Ich denke oft an dich. Wer hat dein Gedicht für die Lyrikzeitung eigentlich in den Computer gehackt? Herzliche Grüße aus Düsseldorf, der Antidichterfürst im Exil

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    • Ich kann nur für mich teilantworten. Fast alle Texte in der Lyrikzeitung werden von meinem Handy in den Computer gehackt. Heute gibt das nur noch selten Scanfehler, aber sie kommen vor. Geht blitzschnell, kein Vergleich mit vor zehn Jahren oder so.

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