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Veröffentlicht am 13. Mai 2024 von lyrikzeitung
Eugenio Montale
(* 12. Oktober 1896 in Genua; † 12. September 1981 in Mailand)
Xenien 13
Dein Bruder starb sehr jung, du warst
das strubbelige Mädchen, das mich ansah
»in Pose« vom Oval eines Porträts.
Er komponierte Unerhörtes, Ungehörtes,
Stücke, die heute in irgendeiner Truhe liegen,
Makulatur geworden. Vielleicht erfindet jemand
sie unbewußt neu, wenn das Geschriebene geschrieben bleibt.
Ich mochte ihn, ohne ihn je gekannt zu haben.
Außer dir erinnerte sich niemand mehr an ihn.
Ich habe nicht recherchiert: Nun ist es zwecklos.
Nach dir bin ich der einzige, für den
es ihn gegeben hat. Doch man kann, du weißt,
auch einen Schatten lieben. Die wir selber Schatten sind.
Aus dem Italienischen von Theresia Prammer. In: Sinn und Form 3/2024, S. 316
Kategorie: Italien, ItalienischSchlagworte: Eugenio Montale, Theresia Prammer
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Der Originaltext mit Rezension
Tuo fratello morì giovane; tu eri
la bimba scarruffata che mi guarda
«in posa» nell’ovale di un ritratto.
Scrisse musiche inedite, inaudite,
oggi sepolte in un baule o andate
al màcero. Forse le reinventa
qualcuno inconsapevole, se ciò ch’è scritto è scritto.
L’amavo senza averlo conosciuto.
Fuori di te nessuno lo ricordava.
Non ho fatto ricerche: ora è inutile.
Dopo di te sono rimasto il solo
per cui egli è esistito. Ma è possibile,
lo sai, amare un’ombra, ombre noi stessi.
EUGENIO MONTALE, Xenia I, n. 13
Q.: https://alessandria.today/2020/08/06/eugenio-montale-xenia-i-n-13-recensione-di-elvio-bombona/
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