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Veröffentlicht am 1. Dezember 2023 von lyrikzeitung
Ernst Toller
(geboren am 1. Dezember 1893, heute vor 130 Jahren, in Samotschin, Provinz Posen; gestorben am 22. Mai 1939 in New York City)
PFADE ZUR WELT
Wir leben fremd den lauten Dingen,
Die um die Menge fiebernd kreisen,
Wir wandern in den stilleren Geleisen
Und lauschen dem Verborgnen, dem Geringen.
Wir sind dem letzten Regentropfen hingegeben,
Den Farbentupfen rundgeschliffner Kieselsteine,
Ein guter Blick des Wächters auslöscht das Gemeine,
Wir fühlen noch im rohen Worte brüderliches Leben.
Ein Grashalm offenbart des Kosmos reiche Fülle,
Die welke Blume rührt uns wie ein krankes Kind,
Der bunte Kot der Vögel ist nur eine Hülle
Des namenlosen Alls, dem wir verwoben sind.
Ein Wind weht menschlich Lachen aus der Ferne,
Und uns berauscht die hymnische Musik der Sterne.
Aus: Ernst Toller: Gedichte der Gefangenen. Ein Sonettenkreis. München: Kurt Wolff, 1921, S. 20 (Nachdruck: Der jüngste Tag. Die Bücherei einer Epoche. Neu hrsg. u.m.e. dokumentarischen Anhang versehen von Heinz Schöffler. Frankfurt/Main: Scheffler, 1970, S. 1476)
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Ernst Toller
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