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Heute mal Plattdeutsch. Das ist ja gar nicht „platt“. Besonders einige Lieder, wie das großartige „Dat du min leevsten büst“, zeigen, wie hochpoetisch diese Sprache sein kann. Ein anderes ist diese „Anke van Tharaw“. Simon Dach hat den Text verfasst, Heinrich Albert hat es vertont. Die beiden gehörten zur „musikalischen Kürbishütte“ in Königsberg zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Der große Erfolg kam allerdings erst, nachdem Johann Gottfried Herder es in seine Volksliedsammlung „Stimmen der Völker in Liedern“ aufnahm. So kam der Text im hochdeutschen Sprachraum ins kulturelle Gedächtnis. Durchgesetzt hat sich die musikalische Fasssung Friedrich Silchers (1827). Alle großen und kleinen Sänger haben es gesungen, nicht zu vergessen tausend Männerchöre. Es gibt zwar auch viele Originallieder von Heinrich Albert im Netz, nur Anke / Ännchen habe ich leider nicht gefunden. Silcher scheint das Original ausgelöscht zu haben. Hier zunächst eine Aufnahme in Silchers Fassung. Unter den beiden Textfassungen dann als kleine Hörprobe ein anderes Lied original von Albert / Dach.
Simon Dach Anke van Tharaw. Trewe Lieb' ist jederzeit Zu gehorsamen bereit. 1 Anke van Tharaw öß, de my geföllt, Se öß mihn Lewen, mihn Goet on mihn Gölt. 2 Anke van Tharaw heft wedder eer Hart Op my geröchtet ön Löw' on ön Schmart. 3 Anke van Tharaw mihn Rihkdom, mihn Goet, Du mihne Seele, mihn Fleesch on mihn Bloet. 4 Quöm' allet Wedder glihk ön ons tho schlahn, Wy syn gesönnt by een anger tho stahn. 5 Kranckheit, Verfälgung, Bedröfnös on Pihn, Sal vnsrer Löve Vernöttinge syn. 6 Recht as een Palmen-Bohm äver söck stöcht, Je mehr en Hagel on Regen anföcht. 7 So wardt de Löw' ön onß mächtich on groht, Dörch Kryhtz, dörch Lyden, dörch allerley Noht. 8 Wördest du glihk een mahl van my getrennt, Leewdest dar, wor öm dee Sönne kuhm kennt; 9 Eck wöll dy fälgen dörch Wöler, dörch Mär, Dörch Yhß, dörch Ihsen, dörch fihndlöcket Hähr. 10 Anke van Tharaw, mihn Licht, mihne Sönn, Mihn Leven schluht öck ön dihnet henönn. 11 Wat öck geböde, wart van dy gedahn, Wat öck verböde, dat lätstu my stahn. 12 Wat heft de Löve däch ver een Bestand, Wor nich een Hart öß, een Mund, eene Hand? 13 Wor öm söck hartaget, kabbelt on schleyht, On glihk den Hungen on Katten begeyht. 14 Anke van Tharaw dat war wy nich dohn, Du böst mihn Dühfkē myn Schahpkē mihn Hohn. 15 Wat öck begehre, begehrest du ohck, Eck laht den Rack dy, du lätst my de Brohk. 16 Dit öß dat, Anke, du söteste Ruh' Een Lihf on Seele wart uht öck on Du. 17 Dit mahckt dat Lewen tom Hämmlischen Rihk, Dörch Zancken wart et der Hellen gelihk.
Hochdeutsche Übertragung von Johann Gottfried Herder 1 Annchen von Tharau ist, die mir gefällt, Sie ist mein Leben, mein Gut und mein Geld. 2 Annchen von Tharau hat wieder ihr Herz Auf mich gerichtet in Lieb' und in Schmerz. 3 Annchen von Tharau, mein Reichthum, mein Gut, Du meine Seele, mein Fleisch und mein Blut! 4 Käm alles Wetter gleich auf uns zu schlahn, Wir sind gesinnet, bei einander zu stahn. 5 Krankheit, Verfolgung, Betrübniß und Pein Soll unsrer Liebe Verknotigung seyn. 6 Recht als ein Palmenbaum über sich steigt, Je mehr ihn Hagel und Regen anf[eu]cht; 7 So wird die Lieb' in uns mächtig und groß Durch Kreuz, durch Leiden, durch allerlei Noth. 8 Würdest du gleich einmal von mir getrennt, Lebtest, da wo man die Sonne kaum kennt; 9 Ich will dir folgen durch Wälder und Meer, Durch Eis, durch Eisen, durch feindliches Heer. 10 Annchen von Tharau, mein Licht, meine Sonn, Mein Leben schließ' ich um deines herum. 11 Was ich gebiete, wird von dir getan, Was ich verbiete, das läßt du mir stahn. 12 Was hat die Liebe doch für ein Bestand, Wo nicht Ein Herz ist, Ein Mund, Eine Hand? 13 Wo man sich peiniget, zanket und schlägt, Und gleich den Hunden und Katzen beträgt? 14 Annchen von Tharau, das woll'n wir nicht thun; Du bist mein Täubchen, mein Schäfchen, mein Huhn. 15 Was ich begehre, ist lieb dir und gut; Ich laß den Rock dir, du läßt mir den Hut! 16 Dies ist uns Annchen die süsseste Ruh, Ein Leib und Seele wird aus Ich und Du. 17 Dies macht das Leben zum himmlischen Reich, Durch Zanken wird es der Hölle gleich.
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