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Veröffentlicht am 26. Juni 2016 von lyrikzeitung
Die Dichter anderer Nationen brechen auf der Bühne zusammen (Molière), erliegen der Cholera (Adam Mickiewicz), werden zu stark zur Ader gelassen (George Byron), ersticken an Gegenständen, die sie verschluckt haben (Tennessee Williams), oder werden von herabfallenden Ästen erschlagen (Ödön von Horváth). In Russland kommen die beiden wichtigsten romantischen Lyriker in einem Duell um – Alexander Puschkin ist siebenunddreissig Jahre alt, als er stirbt, Michail Lermontow siebenundzwanzig. Die literarische Relevanz des Duells ist in Russland also offensichtlich.
Felix Philipp Ingold hat es in einem fulminanten Buch unternommen, die Kulturgeschichte des Zweikampfs im Zarenreich nachzuzeichnen. (…)
Am 22. November 1909 schossen Nikolai Gumiljow und Maximilian Woloschin aufeinander – nicht ohne Seitenblick auf ihren Nachruhm wählten die Streithähne einen Ort nördlich von St. Petersburg, wo auch Puschkin gestorben war. Anlass des glimpflich ablaufenden Schusswechsels war Cerubina de Gabriac, eine angebliche exotische Meisterdichterin, die sich allerdings als literarische Mystifikation entpuppte. Als besonders erregbar erwies sich der esoterisch beflügelte Andrei Bely, der seine Dichterkollegen Waleri Brjussow und Alexander Blok wegen ästhetischer Meinungsverschiedenheiten in Duellforderungen verwickelte. In beiden Fällen kam es jedoch nicht zum Waffengang, sondern zu einem literarischen Turnier. / Ulrich M. Schmid, NZZ 14.6.
Kategorie: Rußland, RussischSchlagworte: Aleksandr Blok, Alexander Puschkin, Andrej Bely, Felix Philipp Ingold, Maximilian Woloschin, Michail Lermontow, Nikolai Gumiljow, Ulrich M. Schmid, Waleri Brjussow
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