29. So stirbst du

Charb und seine Kollegen mussten mit Morddrohungen leben. Presseberichten zufolge gehörte der Franzose zu elf Menschen, zu deren Tötung wegen „Verbrechen gegen den Islam“ die Extremistenorganisation al Kaida aufgerufen hatte. 2011 verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf die Redaktion in Paris. Der Journalist und Karikaturist machte trotzdem weiter.

Seine Kolumne hieß „Charb n’aime pas les gens“ („Charb mag die Menschen nicht“). Angst vor den Menschen hatte er aber nie. „Ich habe keine Kinder, keine Frau, kein Auto, keinen Kredit, sagte Charb im September 2012 in der französischen Zeitung „Le Monde“. „Es ist vielleicht ein wenig schwülstig, was ich jetzt sage, aber ich ziehe es vor, aufrecht zu sterben als auf Knien zu leben.“

Im Oktober 2012 verfasste Charb das Gedicht „Lachen, um Gottes Willen“, das sich heute, am Tag nach seinem Tod, geradezu wie ein Manifest liest. / Lisa-Marie Eckardt, stern

Lachen, um Gottes Willen

Male einen prächtigen Mohammed, so stirbst du.
Zeichne einen lustigen Mohammed, so stirbst du.
Schmiere einen widerlichen Mohammed hin, so stirbst du.
Mache einen beschissenen Film über Mohammed, so stirbst du.
Wehrst du dich gegen religiösen Terror, so stirbst du.
Leckst du den Fundamentalisten den Arsch, so stirbst du.
Halte einen Feind der Aufklärung für einen Idioten, so stirbst du.
Versuche, mit einem Feind der Aufklärung zu diskutieren,
so stirbst du.
Es gibt nichts zu verhandeln mit den Faschisten.
Die Freiheit, hemmungslos zu lachen, wurde uns bereits vom Gesetz gegeben, die systematische Gewalt der Extremisten gibt sie uns auch.
Danke, ihr Arschlöcher.

Charb, Oktober 2012 (ermordet am 7. Januar 2015)

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