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Einige Krimtataren waren im Krieg zur Wehrmacht übergelaufen. Den Deportationsbefehl für diese Bevölkerungsgruppe unterschrieb Stalin im Mai 1944 persönlich. Er begann mit den Worten: „Viele Krimtataren haben das Vaterland verraten.“ Eine Woche später wurden 190000 Tataren nach Usbekistan abtransportiert.
Heute sagen viele Krimtataren, der eigentliche Grund für die Vertreibung sei nicht die Kollaboration gewesen. An der Volkstragödie seien „die Juden“ schuld. Das klingt nach einer antisemitischen Verschwörungstheorie. Bei einigen Krimtataren spürt man auch einen latenten Antisemitismus. Aber diese konkrete Behauptung hat einen historischen Hintergrund.
Mitten im Krieg hatte Stalin zwei Mitglieder des Sowjetischen Jüdischen Antifaschistischen Komitees nach Amerika entsandt, den Schauspieler Solomon Michoels und den Dichter Itzik Feffer. Die beiden sollten bei den amerikanischen Juden um Unterstützung für die Rote Armee werben. Nachdem die Krim 1944 befreit worden war, hoffte das Komitee, dass dort eine autonome jüdische Republik entstehen könnte, für Juden aus aller Welt. Noch zur Zarenzeit war die Krim ein Zentrum zionistischen Lebens gewesen. Hier wurden Aussiedler auf Palästina vorbereitet.
Während der NKWD im Sommer 1944 Hunderttausende Tataren, Griechen, Bulgaren und Armenier von der Krim vertrieb, trafen sich Michoels und Feffer mit Außenminister Molotow, um über einen jüdischen Staat zu sprechen. Gleichzeitig kamen Zehntausende Juden, die im Krieg geflohen waren, auf die Halbinsel zurück.
Stalin ließ Michoels und Feffer fallen, sobald die Generalversammlung der UN im November 1947 beschlossen hatte, den Staat Israel zu gründen. Wenige Monate später wurde Michoels ermordet. Feffer landete im Lager – wie auch die Ehefrau des Ministers Molotow, eine Jüdin.
Die meisten Vertriebenen durften erst nach 1991 auf die Krim zurückkehren. / Tim Neshitow, Süddeutsche Zeitung 20.10.
Itzik Feffer (auch Izik Fefer, jiddisch איציק פֿעפֿער, russisch Ицик Фефер, Исаак Соломонович Фефер; * 1900 in Schpola, Ukraine; † 12. August 1952 in Moskau) war ein sowjetischer jiddischer Dichter. Er wurde nach einem Schauprozeß gegen das Jüdische Antifaschistische Komitee in der „Nacht der ermordeten Dichter“ vom 12. zum 13. August 1952 ermordet.
Historisch wichtigster Beitrag, an den ich mich im Moment erinnere.
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