85. Unhohn

Das wird immer miefiger, anti-individualistischer, volksverbundener (Walter Ulbricht läßt grüßen, Adolf Endler ist tot):

Der Lyriker Albert Ostermaier hat ein Buch mit Oden an Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Oliver Kahn geschrieben. Aus jeder Zeile spricht der Fan, keine Spur vom Hohn der Denkeliten.

(…) In der Fankurve stehen sie eher selten, dies widerspräche dem Individualismus und Elitismus der Dichter und Denker.

Schreibt Ulf Poschardt in der Hauszeitung der Anti-Individualisten, Anti-Elitisten.

Noch ein poetisches Zitat (mit dezent politischer Note):

Der Porsche fahrende Linke, der Ostermaier ist, beweist eine seltene Empathie mit den Triumphanten. In Deutschland ist ihr Los, ewig unverstanden zu sein. Das kann nur ein Einzelkämpfer, wie es der groß gewachsene Dichtertorwart ist. (…) Am Ende ist jeder mit sich allein im Nichts. Auch Lahm, Schweini und Kahn. Das Echo dieser Einsamkeit hat jetzt ein lyrisches Gefäß erhalten.

Albert Ostermaier: Flügelwechsel. Mit Bildern von Florian Süssmayr und einem Vorwort von Oliver Kahn. Suhrkamp/Insel, Berlin. 13,95 Euro

One Comment on “85. Unhohn

  1. „Wenn heute, nach achtzig Jahren, der Bücherverbrennung gedacht wird, ist das nicht nur eine rituelle Mahnung, eine Erinnerung an den Abgrund in der jüngeren deutschen Geschichte. Die fanatischen Stimmen von meist jungen Studenten, die mit schrecklichem Furor Namen wie Bertolt Brecht, Heinrich Mann oder Kurt Tucholsky ausstoßen, um ihre Bücher ins Feuer zu werfen, scheinen zwar einer längst überwundenen Vergangenheit anzugehören. Aber es gibt durchaus eine Botschaft und eine Erkenntnis, die auch heute noch aktuell ist: Populismus und Intellektuellenfeindlichkeit richten sich immer gegen unbequeme Minderheiten, gegen Einzelne, die einen vordergründigen Konsens missachten. Die der Bequemlichkeit des Denkens im Wege stehen. Die ungewöhnliche Worte wählen und nicht nur den Mehrheitsgeschmack abbilden. In aufgeklärten Demokratien, in Ländern mit einem selbstbewussten Bürgertum ist man auf Schriftsteller, zumal auf ausgesprochene Dichter traditionell stolz – auch wenn sie eine Sprache sprechen, die auf den ersten Blick nicht unbedingt massentauglich ist. Deshalb stehen die deutschen Namen von damals, stehen Brecht, Mann oder Tucholsky für eine Haltung, die gerade auch heute erwünscht sein muss.“ Helmut Böttiger, Deutschlandfunk http://www.deutschlandfunk.de/mehr-als-eine-rituelle-mahnung.720.de.html?dram%3Aarticle_id=246220

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