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Veröffentlicht am 26. November 2010 von lyrikzeitung
Welcher Gemeinschaft wollte sich Paul Celan zugehörig fühlen? Noch in Czernowitz übersetzte er zwei Gedichte von Jehuda Halevi aus dem Hebräischen. „Im Osten weilt mein Herz, ich selbst im fernen West“, lautet ein Vers aus dessen berühmter „Zionide“, einem Gedicht der Zionsliebe. (,,,)
Es war noch ein weiter Weg zurückzulegen vom Erstlingswerk, in dem biblisch-jüdische Anspielungen sich im Spiel der Metaphern in eine surrealistische Bilderwelt einreihten, bis zu einem Gedichtband wie „Die Niemandsrose“ (GW 1/205-291), in der jede dieser biblisch- oder mystisch-jüdischen Reminiszenzen mit letztem Ernst in Celans Sprache eingesenkt wurden. Und es war auch ein schmerzlicher Schritt von der „Musikalität“ der „Todesfuge“ (GW 1/39 u. 3/61) zur „graueren“ Sprache des Spätwerks, da ihm, dem Davongekommenen, eine „Ästhetisierung Grauens“, aus der er „dichterisch Kapital“ schlage, vorgeworfen wurde.
In den Vorstufen zu der Dankesrede, die Celan hielt, als ihm 1960 der Büchnerpreis verliehen wurde, notierte er: „Wer nur der Mandeläugig-Schönen die Träne nachzuweinen bereit ist, der tötet auch sie, die Mandeläugig-Schöne, zum andern Mal. Den Krummnasigen, Kielkröpfigen, den Einwohnern der stinkenden Judengassen, den Mauschel-Mäulern – ihrer gedenkt das grade Gedicht – das Hohe Lied“. / Lydia Koelle, ORF
Kategorie: Deutsch, Deutschland, HebräischSchlagworte: Barbara Wiedemann, Jehuda Halevi, Konrad Schacht, Lydia Koelle, Paul Celan, Reinhart Baumgart
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