Archive für die Zukunft

Michael Buselmeier bespricht für die FR Literaturzeitschriften ( hier manuskripte, Wespennetz, Theater heute und kolik).

Als im November 2000 die Grazer manuskripte 40 Jahre alt wurden und zugleich deren 150. Ausgabe erschien, stellte Alfred Kolleritsch, der verantwortliche Herausgeber und Redakteur, im Editorial die rhetorische Frage, ob die wenig beachteten Literaturzeitschriften nicht vielleicht doch, hochgemut gesprochen, etwas vom „Geist der Literatur“ und von der „Freiheit des Schreibens“ aufbewahrten. Sind sie nicht „Archive für die Zukunft?“. Vorausgegangen war die Nummer 149 mit einer umfangreichen Dokumentation, die deutlich machte, wie eng die manuskripte vor allem mit der avancierten österreichischen Poesie der Wiener und der Grazer Gruppe verknüpft sind und wie genau sie als eine Art deutschsprachige Literaturgeschichte der letzten 40 Jahre gelesen werden müssen. Selbst das unvermeidliche Altern der Avantgarden hat zu keiner Qualitätseinbuße geführt. Denn immer wieder gelingt es Kolleritsch, obwohl er keine Honorare zahlt, blutjunge Autoren an abenteuerlich wechselnden Wohnsitzen aufzuspüren und deren Gedichte und Prosa mutwillig unter die Texte der längst Etablierten zu mischen. Nach wie vor ist man dem poetischen, mehr auf Sprache und Rhythmus als auf eine spannende Handlung vertrauenden Schreiben verpflichtet. / FR 19.1.02

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