Schlagwort: L&Poe-Anthologie

Im dritten Kreis

Der Anfang des 6. Gesangs des Inferno aus Dantes Comedia in der Prosafassung von Georg Peter Landmann (kursiv sein Kommentar): Bei der wiederkehr meiner sinne, die sich verschlossen hatten vor dem leid der beiden verwandten, als die trauer mich ganz betäubte, sehe ich neue qualen und neue… Continue Reading „Im dritten Kreis“

Gluttons

Im dritten Kreis der Hölle, den Dante mit seinem Führer Vergil im sechsten Gesang erreicht, werden die Gefräßigen bestraft. Ihre Seelen liegen im Eisregen auf dem Boden und werden vom Höllenhund Kerberos gequält.Mit einigen Versionen des sechsten Gesangs beende ich meine kleine Danteserie. Der… Continue Reading „Gluttons“

Sonett um die Freunde und Freundinnen zu versammeln

Dante Sonett 1 Du, Guido, Lappo auch und ich, wie sehr   Wünscht‘ ich, daß uns ein Zauberer geschwinde   Zu Schiffe brächte, das bei jedem Winde   Nach unsrem, meinem Wunsch durchführ‘ das Meer. So daß kein Sturm, kein böses Ungefähr   Des… Continue Reading „Sonett um die Freunde und Freundinnen zu versammeln“

Muttersprache

SØREN KIERKEGAARD (1813-1855) Glücklich macht mich das Gefühl, an meine Muttersprache gebunden zu sein, gebunden, wie es vielleicht nur wenige sind, gebunden wie Adam es an Eva gewesen, weil da ein anderes Weib nicht war, gebunden, weil es mir unmöglich gewesen ist, eine andre… Continue Reading „Muttersprache“

Zwei Hostien auf meiner Zunge

ALICJA RYBAŁKO   Die polnische Sprache ist voller RascheIn Die litauische voller Zischeln. Wie die Schlange auf trocknen Blättern zwei Hostien auf meiner Zunge. Aus dem Polnischen von Renate Schmidgall Język polski jest pełen szelestów, Iitewski zaś – pełen syków. Jak żmija na suchych… Continue Reading „Zwei Hostien auf meiner Zunge“

Zauberspruch

Sarah Kirsch Keiner hat mich verlassen Keiner hat mich verlassen Keiner ein Haus mir gezeigt Keiner einen Stein aufgehoben Erschlagen wollte mich keiner Alle reden mir zu Aus: Sarah Kirsch: Zaubersprüche, Gedichte. Berlin und Weimar: Aufbau, 1972

Seismologie

ALICJA RYBAŁKO Seismologie Zuerst fliegen die Minderheiten weg. Dann beginnt die Intelligenz zu flattern. Schließlich bricht das Volk zum Flug auf. Als letztes erwacht die Regierung. In der Regel erst nach dem Erdbeben. Aus dem Polnischen von Renate Schmidgall Seismologia Najpierw odlatują mniejszości. Potem… Continue Reading „Seismologie“

Dichter in dürftiger Zeit

IBN BAQI Ich armer Dichter, der, wo keine Kunstliebhaber Und keine Kenner sind, das Volk um Beifall fleht! Die Reime nur beweinen den verlassenen Araber In einer Welt, die kein Arabisch mehr versteht. Aus: Der arabische Liebesdiwan. Lyrik des Morgenlandes. Frankfurt/Main: Goldmann, 1986, [Hrsg./Übers.… Continue Reading „Dichter in dürftiger Zeit“

Schmach der Wissenschaft

Ibn Hazm Als man seine Bücher verbrannte Verbrennt nur die Papiere! Die Gedanken Sind feuerfest. Was ich erkannt, kommt dadurch nicht ins Wanken‚ Daß ihr den Geist mit falschen Maßen meßt. Allüberall, wohin mich Pferde tragen, Ziehn die Gedanken mit mir auf und ab.… Continue Reading „Schmach der Wissenschaft“

Und die Charlotte Liebt ihre Austern

Richard Weiner. Jean Baptiste Chardin Dies ist mein Tisch, Dies meine Hausschuh, Dies ist mein Glas, Dies ist mein Kännchen. Dies meine Etagere, Dies meine Pfeife, Dose für Zucker, Großvaters Erbstück. Dies ist mein Eßzimmer, Dies meine Ecke, Dies ist mein Hund, Dies meine… Continue Reading „Und die Charlotte Liebt ihre Austern“

In Froschpfuhl all das Volk verbannt, Das seinen Meister je verkannt.

Johann Wolfgang Goethe Erklärung eines alten Holzschnittes vorstellend Hans Sachsens poetische Sendung In seiner Werkstatt Sonntags früh Steht unser treuer Meister hie: Sein schmutzig Schurzfell abgelegt, Einen saubern Feierwams er trägt, Läßt Pechdraht, Hammer und Kneipe rasten, Die Ahl steckt an den Arbeitskasten; Er… Continue Reading „In Froschpfuhl all das Volk verbannt, Das seinen Meister je verkannt.“

Ihr quatscht darüber, ohne es zu kennen

Thomas Brasch IHR QUATSCHT DARÜBER, OHNE ES ZU KENNEN Ihr verdammt es, das was ich Nichts nenne. Weil mir besseres Wort fehlt. Ihr nennt Nihilisten Idioten, weil ihr keine seid. Ihr nennt sie dumm, nicht denkend Aha! Na und? Woran denkt ihr? An Honig,… Continue Reading „Ihr quatscht darüber, ohne es zu kennen“

Das fürchten nicht und nie das wünschen

Thomas Brasch DAS FÜRCHTEN NICHT UND NIE DAS WÜNSCHEN darf mir abhanden kommen, auch mein täglich sterben nicht das seellos süchtig sein auf keinen fall nur hirnlos reimen wie ein wicht muß beendet werden da ist ein gott und setzt sich zwischen alle stühle… Continue Reading „Das fürchten nicht und nie das wünschen“

Schwarmrede im Krieg

Georg Philipp Harsdörffer / Sigmund von Birken/ Johann Klaj Aus: Pegnesisches Schäfergedicht Als sie nun solchem Geschrey nachgiengen/ funden sie in der Nähe die Melancholische Schäferin Pamela/die ihr sicherlich einbildete/ sie were das arme und in letzten Zügen liegende Teutschland. In dieser Raserey ließ… Continue Reading „Schwarmrede im Krieg“

Ständchen

Georg Philipp Harsdörffer Ständchen Nun der übermüde Tag Mehr zu wachen nicht vermag, Schleicht der süße Schlaf herein, Legend aller Sorgen Klag‘ In den finstern Schattenschrein. Alles liegt in sanfter Ruh‘ Vieler Augen schließet nu Mancher vorverübte Traum, Blühend so dem Morgen zu, Gleich… Continue Reading „Ständchen“