Neben über einem Dutzend Romanen stehen zahlreiche Erzählungsbände, autobiographische Essays (vereinigt in dem Band „Selbstbewußtsein“), Bücher über Updikes Leidenschaften wie bildende Kunst und Golf, ja sogar mehrere Lyrikbände. / FAZ 18.3.02
Der 1945 in Lemberg geborene, heute in Paris lebende Adam Zagajewski erhält den Preis, so die Jury, für sein lyrisches, episches und essayistisches Werk, das historisch fest verankert und zugleich von grosser Modernität ist und in dem sich ein tiefes poetisches, philosophisches und politisches Weltverständnis artikuliert. Adam Zagajewskis Dichtungen, vor allem der Lyrikband «Mystik für Anfänger» (1997), die Erinnerungsbilder «Ich schwebe über Krakau» (2000) und die Essays «Solidarität und Einsamkeit» (1986), sind eine Hommage an die Einheit und Freiheit des europäischen Kontinents, ein Brückenschlag zwischen der osteuropäischen, der westeuropäischen und der amerikanischen Welt. / NZZ 18.3.02
Im April wird Franz Hodjak für ein halbes Jahr nach Dresden kommen – als neuer Stadtschreiber.
Seit 1996 sponsert die Stiftung Kunst und Kultur der Stadtsparkasse Dresden dieses Amt. Hodjak tritt die Nachfolge von José F.A. Oliver an und von Christoph Geiser, Wulf Kirsten oder Heinz Czechowski . Inzwischen ist er der siebente Dresdner Stadtschreiber, der sich durch die Stadt, durch Begegnungen und Gespräche mit ihren Menschen zu Lyrik und Prosa anregen lässt. Ganz unbekannt ist er schon heute vielen hiesigen Literaturkennern nicht.
Er las bei den dritten Lyriktagen vor zwei Jahren seine überwiegend freirhythmischen Gedichte. Wulf Kirsten gab 1988 im Aufbau-Verlag seinen Gedichtband „sehnsucht nach feigenschnaps“ heraus. 1990 bekam Hodjak in der „Noch-DDR“ den Georg-Maurer-Preis. Der Gryphius-Ehrenpreis folgte 1991 und 1996 der Nikolaus-Lenau-Preis. / Sächsische Zeitung 16.3.02
Das alte „Neue Deutschland“ hat was übrig für Dissidenten und lobt Fritz Mierau, der ohne Zweifel Lob verdient. / ND 16.3.02
Fritz Mierau: Mein russisches Jahrhundert. Autobiografie. Edition Nautilus. 320 Seiten, gebunden, 19,90 EUR.
«Will Hofmannsthal Goethes Entwicklung begleiten, / so wirkt es noch bis in die fernsten Zeiten. / Was immer auch dieser jenem leiht, / es reicht für beider Unsterblichkeit. / Müssen die, die späterhin beide lesen, / denn wissen, welcher der Ältre gewesen? / Die hundert Jahre, welche dazwischen, / werden weitere hundert wieder verwischen. / Nach tausend aber ist’s schon egal, / ob Goethe oder Hofmannsthal.» Dieser Spottvers von Karl Kraus schmückt eine Sammelrezension zu Hugo von Hofmannsthal in der NZZ , 16.3.02
fragt die Südtiroler „Dolomiten“ und meint den Meraner Lyrikpreis:
Zum 6. Mal wird um den Lyrikpreis vom 16. bis 18. Mai im Meraner Pavillon des Fleurs gerungen. Veranstaltet und ausgeschrieben wird er von der Kurverwaltung Meran und vom Kreis Südtiroler AutorInnen im Südtiroler Künstlerbund. Bis zum Einsendeschluss am 16. November 2001 langten 400 Manuskripte ein, 345 wurden von der Vorjury (Robert Huez/Verein der Bücherwürmer, Lana, Sieglinde Klettenhammer/Universität Innsbruck, Nina Schröder/ Südtiroler Autorenvereinigung Bruneck) ausgewertet. In die Endrunde des Lese-Wettstreits im Mai kamen neun Bewerber, die neben dem Vortrag ihrer Gedichte ein Gespräch über Literatur, insbesondere Lyrik, führen; die Moderation übernimmt Inga Hosp, Klobenstein. Es sind: Christian Baier , geb. 1963 in Wien; Oswald Egger, geb. 1963 in Lana; Manfred Enzensperger , geb. 1952 in Köln; Sylvia Geist , geb. 1963 in Berlin; Mathias Jeschke , geb. 1963 in Lüneburg; Hendrik Rost , geb. 1969 in Burgsteinfurt/Westfalen; Thomas Spaniel , geb. 1963 in Nordhausen/Thüringen; Uwe Tellkamp, geb. 1968 in Dresden; Hans Wagenmann , geb. 1967 in Mannheim. / Dolomiten 15.3.02
Ein Annäherungsversuch von Hans Pfitzinger / Die Gazette 15.3.02
Das Leben ist nicht zum Lachen:
Man muss mit großer Ernsthaftigkeit leben
Wie ein Eichhörnchen zum Beispiel –
Ich meine,
ohne nach etwas jenseits oder über dem Leben zu suchen,
ich meine,
Leben muss deine einzige Beschäftigung sein.
Yasamak sakaya gelmez,
buyuk bir ciddiyetle yasayacaksin
bir sincap gibi mesela,
yani, yasamanin disinda ve otesinde hicbir sey beklemeden,
yani butun isin gucun yasamak olacak.
(Nazim Hikmet, geboren 20. Januar 1902 in Thessaloniki, gestorben 3. Juni 1963 in Moskau)
Bücher von Nazim Hikmet in deutscher Übersetzung:
– Das schönste Meer ist das noch nicht befahrene, Dagyeli Verlag, Frankfurt/Main, Eur 18,50
– Die Luft ist schwer wie Blei / Hava Kursun Gibi, Türkisch – Deutsch, Dagyeli ,Eur 18,50
– Eine Reise ohne Rückkehr / Dönüsü olmayan Yolculuk. Gedichte und Poeme. Türkisch – Deutsch. Dagyeli, Eur 18,50
– Gedichte. Eine Auswahl, Ammann Vlg., Zürich, Gebundene Ausgabe. Noch nicht erschienen, Eur 24,90
– Epos vom Befreiungskrieg, Dagyeli, Gebundene Ausgabe. Noch nicht erschienen, Eur 14,32
– Dietrich Gronau , Nazim Hikmet. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlt, Eur 6,50
Um so aufschlussreicher war an diesem Abend, wie Adonis selbst im Kontrast hierzu sein Gedicht las. In seinen Vorlesungen am „Collège de France“ 1984 hat er an den Beginn der „Einführung in die arabische Poesie“ ein Kapitel über die vorislamischen Wurzeln der arabischen Poesie gesetzt. Darin ist das Ohr der Schlüssel zur Dichtkunst, die Rezitation, nicht das Buch, das ideale Medium ihrer Verbreitung. Das Zusammenspiel von Stimme, Wort, Körper und Geste ist bei Adonis der Jungbrunnen noch für die moderne, an Baudelaire, Rimbaud und Nietzsche geschulte arabische Poesie, für die er selbst steht.
Aus der Alltagsstimme seiner französischen Einleitungssätze ließ Adonis in seiner Rezitation rasch die hochstilisierte arabische Stimme herauswachsen, die wie ein zweites Organ die Kunst vom Leben abgrenzt wie der Rahmen das Bild. Dieter Grimm, der Gastgeber und Leiter des Wissenschaftskollegs, hatte zuvor gemeint, Adonis werde nicht lesen, sondern singen. Das traf aber nur die eine Seite dieser Stimme: ihre Lösung vom Buch. Wenn Adonis die Verse, die er spricht, mit den Händen umfasst, die Vokale dehnt und wie Saiten spannt, den Rachenlauten des Arabischen die Härte nimmt, dann hat er die Augen halb geschlossen und braucht das Buch nur wie bei Kleist die Marionette den Boden: um sich davon abzustoßen. / Lothar Müller, Süddeutsche 14.3.02
Derart plötzliche, oftmals brutale Veränderungen haben auch wir, die Europäer, im vergangenen Jahrhundert häufig erlebt – in Ost- oder Mitteleuropa auf alle Fälle mehr als in der westlichen Hälfte des Kontinents. Fügen wir hinzu, daß solche Veränderungen in der Regel mit unersetzbaren kulturellen Verlusten einhergehen. Einstige Zentren kulturellen Lebens, Universitätsstädte, in denen die Menschen drei, vier europäische Sprachen sprachen, verkamen plötzlich zu provinziellen Kleinstädten eines großen Reiches und verschwanden damit einfach von der kulturellen Landkarte Europas. Vielleicht denken wir jetzt alle an Czernowitz, wo Paul Celan herkam, die „Stadt, in der Bücher und Menschen lebten“. / Imre Kertész, FAZ 14.3.02
Sie soll zeigen, daß der Surrealismus keineswegs bloß ein Stil unter vielen war, nur einer von vielen Zeitgeist-Kometen, die eine Weile lang die Welt erleuchten und dann im Dunkel verschwinden. Der Surrealismus, so die These, war ein ästhetischer Aufstand, der zur Machtergreifung führte, er war eine siegreiche Revolution. Der Surrealismus hat zwar nicht als künstlerischer Stil gesiegt, wohl aber als ästhetisches Prinzip. Das ganze Reich des Sichtbaren hat er sich unterworfen. / FAZ 13.3.02
„La Révolution surréaliste“ im Centre Georges Pompidou, Paris. Bis 24. Juni, täglich außer dienstags, geöffnet. Der französische Katalog kostet im Museum 56 Euro. Die Ausstellung wird anschließend vom 20. Juli bis 24. November in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, gezeigt. (s.a. Abb ., FAZ nur am 13.3.!)
Dass der 1945 geborene Hans Raimund einer der bedeutendsten österreichischen Lyriker ist, wissen nur wenige; die wenigen aber wissen es. Seine Gedichte, mittlerweile in sieben Bänden veröffentlicht, sind in viele Sprachen übersetzt worden und freilich allesamt in kleinen Verlagen erschienen. Weil er zuweilen ruppig gegen Konventionen des Literaturbetriebs verstösst, hat man ihm das Etikett des ungeselligen Aussenseiters verpasst, um den man sich besser nicht schert. Es fällt daher immer noch ungebührlich leicht, Hans Raimund nicht zu kennen. / Karl-Markus Gauss, NZZ 13.3.02
Hans Raimund: Das Raue in mir. Aufsätze zur Literatur und Autobiographisches 1981-2001. Literaturedition Niederösterreich, St. Pölten 2001. 344 S., Fr. 32.-.
«Das gross zu schreibende Wort / das die Vögel intonieren / selbst noch ihr Schatten im Flug / singt ein Lied davon / die Schiffe tragen es von Ufer zu Ufer / und die Wolken über die Berge / die Räume verneigen sich / vor der Allmacht des Wortes Sehnsucht.»
Hans Christian Kosler schreibt in der NZZ (13.3.02) über
Elisabeth Borchers : Eine Geschichte auf Erden. Gedichte. Suhrkamp-Verlag, Frankfurt am Main 2002. 72 S., Fr. 27.30.
In der FAZ orientiert sich Harald Hartung als Lyriker (ein Beruf wie Chemiker etc.) an Mälzel (Erfinder eines „getürkten“ Schachautomaten) und an Edgar Allan Poe.
Der nämlich dürfte den Satz des Novalis nicht gekannt haben, wonach Schönheit „ein Erzeugnis von Vernunft und Calcul“ ist, aber er handelte danach oder gab doch vor, es zu tun. Das entscheidende Dokument ist seine „Philosophy of Composition“ von 1846. Dort wendet er sich gegen die Auffassung, Poesie entstehe aus dem schönen Wahn oder entrückter Inspiration. Er setzt dagegen, was er den „modus operandi“ nennt, das heißt eine methodische Herstellung, und demonstriert sie an der Verfertigung seines Gedichts „The Raven“ (Der Rabe). Er sagt: „Meine Absicht ist, eindeutig festzustellen, daß sich keine Einzelheit dieses Gedichts aus Zufall oder Intuition ergeben hat; es entstand vielmehr, Schritt um Schritt bis zum Abschluß, mit der Präzision und der ungebrochenen Folgerichtigkeit einer mathematischen Berechnung.“/ FAZ 12.3.02
Gottfried Benn : „Probleme der Lyrik“. Klett-Cotta, Fischer.
Hans Magnus Enzensberger : „Einladung zu einem Poesie-Automaten“. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 2000.
Harald Hartung : „Jahre mit Windrad“. Steidl Verlag, Göttingen 1996.
Paul Valéry : „Cahiers / Hefte 6“. Hg. von Hartmut Köhler und Jürgen Schmidt-Radefeldt. S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 1993.
Ders.: „Zur Theorie der Dichtkunst und vermischte Gedanken“. Werke Bd. 5. Hg. von Jürgen Schmidt-Radefeldt. Insel Verlag, Frankfurt a. M. 1991.
Wie denkt sie als Frau über Lyrik von Frauen? „Die weibliche Art, die Welt zu erleben, schafft Erkenntnisveränderungen und Erweiterungen des Empfindens. Sie durchmischt Animus mit Anima, rein Verstandesmäßiges mit gefühltem Denken“. Aber eigentlich ist ihr dies alles viel zu theoretisch: „Beim Schreiben von Gedichten bringe ich mich ein, mich als Person, als die Lyrikerin, die ich bin“.
Annemarie Zornack , die 1932 in Aschersleben im Harz geboren wurde und seit 1953 in Kiel lebt, hat den Friedrich-Hebbel-Preis und, als erste schreibende Frau, den Kulturpreis der Stadt Kiel (1998) erhalten. Sie ist Mitglied des PEN-Zentrums, war Ehrengast der Villa Massimo in Rom und ist Ehrenmitglied der Gesellschaft für Zeitgenössische Lyrik in Leipzig. Sie hat surreale Prosa und zwei Reisebücher publiziert. Doch den Schwerpunkt ihres Schaffens bilden 14 Gedichtbände, darunter der 300-seitige Sammelband strömungsgefahr , der 1999 bei der Düsseldorfer Eremiten-Presse erschienen ist und die bisher wichtigsten Texte enthält. / Kieler Nachrichten 12.3.02
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