Jakob van Hoddis

Die taz steht da auch nicht nach und (23.4.02) zeigt das Weltende an:

Jakob van Hoddis: „Weltende – Die zu Lebzeiten veröffentlichten Gedichte“. Herausgegeben von Paul Raabe. Arche Verlag, Zürich, Hamburg 2001, 112 Seiten, 14,50 €

«Tage zuviel»

«Die Alten müssen glühn am Tagesende, toben / Und rasen, rasen gegen das Krepiern von Licht» – so zieht sich der Refrain durch Dylan Thomas ‚ «Do Not Go Gentle into that Good Night», die berühmte, wie als Gegenentwurf zu einem Totentanz komponierte Villanelle, die der walisische Dichter seinem sterbenden Vater widmete. Nichts vom zärtlichen Furor, der dies Gedicht diktierte, findet sich in Hassan Dawuds «Tage zuviel»… / so beginnt eine (Roman-)besprechung in der NZZ vom 23.4.02

Lyrik ist…

Lyrik (sagt die Sächsische Zeitung) ist, wenn man sich geschwollen ausdrückt:

Der Oberbürgermeister bemühte die Lyrik. „Sport ist eine Tätigkeitsform des Glücks“, sagte Ingolf Roßberg bei seiner Eröffnungsrede am Sonnabend auf der 10. Dresdner Sportlergala im Westin Hotel Bellevue. / 23.4.02

Wie eine Buchhandlung stirbt

Ausprunk liebt Bücher, aber die Menschheit liebt die Bücher nicht, zumindest nicht die, die Ausprunk geliebt sehen möchte. Französischer Surrealismus, Beckett, Lyrik. An der Innenseite der Ladentür klebt eine kleine schwarze Postkarte: „Die Welt ist schlecht“./ Berliner Zeitung 23.4.02

KARGO EUROPA

Wettbewerb: KARGO EUROPA Beteiligungsbedingung für das 4. Rheinsberger Autorinnen-Forum , das für 80 Schriftstellerinnen Platz bietet, ist ein bis zu fünfseitiger Text (Essay, Prosa, Lyrik, Szenisches), der sich mit der Idee und dem Motto des Forums KARGO EUROPA auseinandersetzt. Diese bis zum 31. Juli 2002 einzusendenden Texte (an: Geschäftsstelle des Autorenkreises, c/o Karin Preissler, Oderstr.10, 10247 Berlin) werden zugleich Gegenstand des Literaturwettbewerbs sein.

Zwei aus Osteuropa

So inaugurierte der Klagenfurter Wieser Verlag soeben eine neue Reihe mitteleuropäischer Literatur. In der „Edition Zwei „, deren drei Starttitel seit wenigen Tagen vorliegen, soll dezidiert jungen, noch unbekannten Autoren eine erste Publikationsmöglichkeit in deutscher Sprache eröffnet werden. Zustande kam das ambitionierte Unternehmen durch eine gemeinsame Initiative von KulturKontakt Austria, das seit Jahren unermüdlich Kulturprojekte in Mittel-, Ost- und Südosteuropa fördert, und der Bank-Austria-Creditanstalt-Gruppe, deren Sponsorenprogramm momentan in dieselbe Richtung zielt.
Die schlichten, außen relativ unambitioniert grau gestalteten Bändchen stellen die ausgewählten Texte zweisprachig, in Originalfassung und – übrigens ausgesucht hervorragender – deutscher Übersetzung vor.
. . . nicht nötig, mich zu besuchen präsentiert eine erste Auswahl von Gedichten der 26-jährigen tschechischen Lyrikerin Katerina Rudcenková . / Der Standard 23.4.02

Johannes Kühn Ehrenbürger

Mitte der sechziger Jahre war Saarlands gegenwärtiger Ministerpräsident Peter Müller gerade zehn und Schüler am Lebacher Realgymnasium. Ab und an brachte der Deutschlehrer Diehl einen merkwürdigen Menschen mit in den Unterricht, der als Hilfsarbeiter am Bau malochte, nebenbei aber schrieb und schrieb. „Uns besuchte heute der Dichter Johannes Kühn „, heißt es im erhaltenen Unterrichtsprotokoll, „er trug selbstverfaßte Gedichte vor.“ Über den Schüler Peter ist dann zu lesen: „Müller meinte, Kühn sei besser als Hölderlin. Unser Deutschlehrer widerlegte diese Irrlehre. Müller blieb bei seiner Meinung.“ – (Jetzt wurde Johannes Kühn Ehrenbürger seiner Gemeinde.) / FAZ 22.4.02

Carl Dennis

Über den Pulitzerpreisträger Carl Dennis schreiben die Dallas Morning News:

„As for your poems,“ the 62-year-old poet has the health workers saying in „Progressive Health,“ „[t]he few you may have it in you to finish – /Even if we don’t judge them by those you’ve written, /Even if we assume you finally stage a breakthrough,/It’s doubtful they’ll raise one Lazarus from the grave.“

Perhaps Mr. Dennis spoke too soon, for that breakthrough actually did come on April 9, when he emerged from obscurity to win the Pulitzer Prize for poetry, prompting many literary critics and poets to say, “ Carl who? “ / The Dallas Morning News 21.4.02

Snotty, boring, passe

In einer Rezension von Gedichten der Dichterin Marie Ponsot lernen wir etwas über die Vorzüge – und Nachteile – der Demokratie:

One of the best things about being an American is that you are free to dislike poetry for any reason you want. You can say it’s too clever or too dumb; you can think it’s old-fashioned or pointlessly trendy; you can protest that it has nothing to do with real life or you can complain that it’s mostly about Volkswagens and mastectomies. Whatever line you take, there will be room for your opinion in our larger, national antipathy for this snotty, boring, passe art form. And this, surely, is what democracy is all about. / Über Nachteile sowie große Gedichte hier: NYT *) 21.4.02 (mit Lese- und Hörprobe).

the “forgotten“ Vivienne

Über eine Biographie von T.S. Eliots unglücklicher erster Ehefrau meint der Kritiker der New York Times:

Her biography, dedicated to reviving the “forgotten“ Vivienne, does so only at the expense of attempting to make her husband roll over in his grave, discomforted, seen through at last. / NYT *) 21.4.02 (mit first chapter)

Island: Jeder liest und dichtet

Und der Erfolgsverleger Halldor Gudmundsson erzählt: „Jeder Isländer ist ein Leser oder Erzähler. Oder beides. Und zwischendurch schreibt er Gedichte.“ Dass die Isländer ebenso viele Lyrikbände kaufen und lesen wie 80 Millionen Deutsche, verschlug selbst Hans Magnus Enzensberger die Sprache. Jeder zehnte Inselbewohner hat ein Buch veröffentlicht. Selbstverständlich dichtet auch Ministerpräsident David Oddsson . / Die Welt 21.4.02

Brasilianische Literatur

Doch bereits im 17. Jahrhundert hatten zwei Schriftsteller diesem Transkulturationsprozess in ihren Werken Ausdruck verliehen: der poète maudit Gregório de Matos , das «Höllenmaul» von Salvador, verhöhnte in seinen satirischen Versen den Standes- und Rassendünkel der Weissen, während der Jesuitenpater Vieira der neu entstehenden tropischen Zivilisation bescheinigte: «Brasilien hat den Körper Amerikas und die Seele Afrikas.» / NZZ 20.4.02

Hardekopf

Bald war Hardekopf mit bekannten Größen wie René Schickele, Herwarth Walden, Erich Mühsam, Ludwig Rubiner und Franz Pfemfert befreundet. In deren Sog verfasste er u. a. auch unter dem Pseudonym „Stefan Wronski“ eigene Gedichte und Prosafragmente, deren Stil und Ausdrucksstärke sich teilweise an Charles Baudelaire anlehnten und besonders von den literarischen Jüngern im Berliner „Café des Westens“ gefeiert wurden. Sein Band „Lesestücke“ entsprach vollends dem avantgardistischen Zeitgeschmack und der Aufbruchstimmung der wilhelminischen Endzeit. / Nordwest-Zeitung 20.4.02

Wolfgang Bächler

In der Frankfurter Anthologie stellt Walter Helmut Fritz ein Gedicht von Wolfgang Bächler vor – „Die Erde bebt noch von den Stiefeltritten“. /FAZ 20.4.02

Politische Alexandriner

Wahlkampf auf Französisch:

Und Philippe Muray schimpft in Alexandrinern über den Euro, über Mobiltelefone, Techno und Feministinnen

In den letzten Zeilen des Gedichts, das „Ce que j’aime“, „Was ich mag“, heißt und doch das Gegenteil meint, ist von der „Freiheit der Niederlage“ und der „Nichtigkeit des Erfolgs“ die Rede… / Süddeutsche 20.4.02