Da Gysin ein enorm in die Breite wirkender, Grenzen überschreitender Künstler war, finden sich in seinem literarischen Erbe die verschiedensten Textsorten: (…) frühe Cut-ups sowie Schriften zur Cut-up-Methode und der mit geschlossenen Augen zu betrachtenden, flickernden «Dreamachine» (beides bekanntlich Erfindungen Gysins); weiter Permutationsgedichte, die seinen Beitrag zur «poésie sonore» sichern, und Songs, wie Gysin sie etwa mit Steve Lacy oder Ramuntcho Matta vertont hat. Unter den Texten mit Erinnerungscharakter fällt «A Quick Trip to Alamut» auf, ein Text, der von Gysins früher Faszination durch Hasan-i Sabbah, den Alten vom Berg, erzählt, von der Bedeutung dieser Figur für seinen Freund William S. Burroughs und der Geschichte der Assassinen… / Neue Zürcher Zeitung, 17. August 2002
Jason Weiss (Ed.): Back in No Time / The Brion Gysin Reader. Wesleyan University Press, Middletown, Connecticut 2001. 354 S. Gebundene Ausgabe $ 60.-; Paperback-Ausgabe $ 24.95.
Von einem neuen Buch von Lutz Rathenow und des Dichters 50. Geburtstag lesen wir in der Ostthüringer Zeitung, 17.8.02
Der Lyriker und Kritiker Hauke Hückstädt zum Beispiel verbindet in seinen Erzählgedichten gedankliche Streifzüge mit Bildern von den sperrigen Einzelheiten der Industrielandschaften, mit gesammelten Sprachfetzen und Erinnerungen an seine Kindheit in der DDR. „Drück dich klar aus, aber mach es dir nicht zu leicht“, nennt Hückstädt dieses Verfahren selber. Wie der Lyriker Michael Hofmann, mit dem Hückstädt befreundet ist, wünscht er sich „Gedichte vom Format / und von der Beschaffenheit von Ziegelsteinen“. Gleichwohl sind seine Texte meist lang und nervös, manchmal aber auch schlicht lang- atmig und etwas flapsig – allein, die konzentrierte Aussprache des Vorlesers Hückstädt tröstet darüber ein wenig hinweg. / Stuttgarter Zeitung 17.8.02
Über das Erlanger Poetenfest vom 29.8.02 bis 1.9.02 berichten die Nürnberger Nachrichten am 17.8.02. Ein Schwerpunktthema heißt „Junge Lyrik aus Berlin und der Nähe“ mit vielen jungen Autoren und DJ-Begleitung.
Info: www.poetenfest-erlangen.de.
Und noch ein Dichter: An Julius Mosen (1803 – 1867) erinnert die Frankenpost, 16.8.02
Sportliches aus Köln: die Kölnische Rundschau berichtet am 16.8.02 über ein Kräftemessen von Lyrikern aus NRW und den Niederlanden. Der Bericht spricht von einer Art Pisa-Schock der Literaturszene:
„Wir konnten feststellen, dass es in den letzten Jahren eine Auswanderung nordrhein-westfälischer Autoren gegeben hat. Zwei Drittel ziehen nach Berlin ab, und der Rest sucht sich eine neue Heimat in Hamburg oder München.“
(Manche freilich verschlägt es bis Vorpommern!)
Über das Jubiläum des Künstlerhauses Schloß Wiepersdorf berichtet der Tagesspiegel am 16.8.02:
Die Sonntagsstille hält, staunte die dänische Lyrikerin Inger Christensen, gleich wochenlang an. Ringsum liegen weite Felder, die nächste größere Stadt ist ein gewisses Jüterbog. „Man kann nicht fortgehen“, schrieb Jürgen Becker, „es hieße sich / der Endlosigkeit der Chausseen zu überlassen“.
haben jetzt wieder die Stadt Stavenhagen und deren Fritz-Reuter-Literaturmuseum ausgeschrieben. Wer sich um den mit 1250 Euro dotierten Preis bewerben will, muss dazu bis spätestens 10. September Arbeiten einreichen, die seit Januar 2001 erstmals veröffentlicht wurden. Gefordert sind Lyrik oder Prosa in niederdeutscher Sprache, Arbeiten, die sich mit niederdeutscher Sprache befassen oder solche, die sich mit niederdeutsch schreibenden Autoren beschäftigen. Entgegen nimmt die Bewerbungen das Fritz-Reuter-Literaturmuseum Stavenhagen, Markt 1, in 17153 Stavenhagen. Die Preisverleihung findet am 7. November um 19.30 Uhr mit einer Festveranstaltung im Reutermuseum statt / Nordkurier 16.8.02
Weitgehend ist Rückert ja vergessen, einige Gebildete unter den Mahler-Hörern kennen die Kindertotenlieder,die sind von Rückert, ein halbes Dutzend Stücke, zu Herzen gehend, wunderbar rührend, sehr gute Gedichte auch, es ist leicht und gerecht, sie zu bewundern. Aber vor einigen Jahren hat Wollschläger (einer der jetzigen Rückert-Editoren, eigentlich wohl die treibende Kraft unter ihnen) alle Kindertotenlieder Rückerts herausgegeben, bei Franz Greno damals, und siehe, es waren nicht fünf oder sechs Gedichte seinerzeit gewesen, vor jetzt guten 165 Jahren, als Rückert Anlass hatte, den Kindertod zu bedichten, sondern 400 oder 500 Gedichte, 500 Seiten lang. Gefangener seines Leids, hatte Rückert, ein Piranesi des Dichtens, einem unliebenswürdigen Gott die Welt zurückgegeben: Reim- und Wörterverlies und -katakombe. …
Dieses Alterswerk [Das Liedertagebuch] rechtfertigt die ganze an sich ziemlich wahnwitzige Rückert-Ausgabe so sehr, dass man im Grund den Rest davor weglassen könnte. / Rolf Vollmann, Die Zeit 34/2002
Friedrich Rückerts Werke
Historisch-kritische Ausgabe, „Schweinfurter Edition“; herausgegeben von Hans Wollschläger und Rudolf Kreutner; Wallstein-Verlag, Göttingen 1998 ff.
Die Weisheit des Brahmanen
2 Bde., Werke 1835/36; bearbeitet von Hans Wollschläger und Rudolf Kreutner; 1998; 2 Bde., zus. 1115 S., 99,- €
Gedichte von Rom und andere Texte der Jahre 1817-1818
Bearbeitet von Claudia Wiener; 2000; 748 S., 74,- €
Liedertagebuch
Bd. 1/2, Werke der Jahre 1846-1847; bearbeitet von Rudolf Kreutner und Hans Wollschläger; 2001; 443 S., 59,- €
Bd. 3, Werke des Jahres 1848; bearbeitet von Rudolf Kreutner und Hans Wollschläger; 2002; 480 S., 49,- €
(Band 3 erscheint im Oktober 2002)
nennt Sabine Franke in der FR vom 15.8.02 die Dichterin Christine Lavant.
Christine Lavant: Aufzeichnungen aus einem Irrenhaus. Hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Annette Steinsiek und Ursula A. Schneider. Otto Müller Verlag, Salzburg und Wien 2001, 160 Seiten, 15 .
Von Jesse Thor
Oh hört: – ein Mensch, wie ihr – zerfallen und im Mark verwest,
denk ich noch immer nicht daran, wer meine karge Zeche zahlt.
Wenn heute auch der blanke Unfug mein Gedächtnis überstrahlt
und stammelnd mir das Vaterunser durch die Backen bläst.
Das ist, als wenn der Herbstwind frostig auf den Feldern singt.
Er krächzt und pfeift und kollert aus dem letzten Loch.
Er weiß, daß ich nicht mehr sein Schatten bin, der springt.
Und bin ich sein Gefährte nicht – was bin ich noch?
Ein Barrabas vielleicht – der heulend durch die Straßen irrt?
Nun macht es mir schon wenig aus, wie man mich nennt –
wenn andren Leuten ebenfalls einmal der Rock zu enge wird.
Bespitzelt und verleumdet und von Bauernfängern denunziert,
geh ich vorbei, wie einer, der sich selber und die Seinen kennt:
Die Freiheit ist durchaus nicht mehr mein Argument.
In der FAZ vom 15.8.02 schreibt Michael Lentz über den Dichter Jesse Thoor, der 1905 in Berlin geboren wurde und das „dritte Reich“ durch Flucht über Österreich und die Tschechoslowakei nach Großbritannien überlebte. Er starb vor 50 Jahren in Österreich.
Über Günter Grassens politische Sonette schreibt Jan Wagner in der FR vom 15.8.02.
Richard Wilbur was a truly fine poet – a Pulitzer Prize winner and U.S. poet laureate – but one suspects his influence on the culture has been largely limited to the increasingly insular, hermetic circle of academic poetry. It’s the work of Kerouac and his fellow Beats that has kept poetry alive as a cultural force in its most vibrant contemporary forms: poetry slams, song lyrics, rap music. In the work of artists from Bob Dylan to Jim Morrison to Cee-Lo, Talib Kweli and Jill Scott, one hears the influence of Kerouac, LeRoi Jones and Allen Ginsberg. …
The enduring appeal of the Beats comes from affirmation, not negation, in the way Gregory Corso here affirms his identity as a poet:
And of all the fires that die within me,
there’s one burns like the sun;
it might not make day my personal life,
my association with people,
or my behavior toward society,
but it does tell me my soul has a shadow.
Beat Poets, edited by Carmela Ciuraru, reviewed by Michael Harrington. ( The Philadelphia Inquirer 14.8.02)
Hier, in den ephemeren Dingen einer marginalisierten Schöpfung, in den Koseworten der Kindheit und magischen Sprachformeln, findet Zanzotto La BeltÀ, die „Pracht“ und „Schönheit“, die er zur Textur seiner Dichtung verwebt. Inmitten all der „Kling-Dinge“ und Kose-Laute tastet der Dichter nach einer „intimen Sprache“ der Berührung: „Ich sehne. Und beginne den Himmel zu sehnen. Stehe / im Himmel. In allem was mir gab einen Himmel zu sehen / allem was mich hier im Wohligen ließ. / Gestern: Rücken Geiziger-Geliebter-(ist weiblich), unleidliche Zuwendung heute, Leier- / Lyrik leier-leier. Aber wir werden uns finden / oder ich und meine entfernteste Fee. Fee-Ich.“ / Michael Braun, FR 13.8.02
Andrea Zanzotto: La BeltÀ / Pracht. Gedichte Italienisch und Deutsch. Hrsg. und übersetzt von Donatella Capaldi, Maria Fehringer, Ludwig Paulmichl und Peter Waterhouse. Urs Engeler Editor, Basel 2001 / Folio Verlag, Wien 2001, 240 Seiten, 19,50 .
Aus Kuba berichtet die NZZ am 12.8.02:
«Diese Gedichte hat eine Verwandte von mir geschrieben, die hier in der Nähe lebt – in einer noch absurderen Situation als ich», empfiehlt Doña Esmeralda ein kleines Buch. Die Anthologie mit dem programmatischen Titel «Zeugnisse eines Schiffbruchs» zeichnet ein intimes Stimmungsbild. Die ersten 22 Verse widmet die 50-jährige Autorin Lourdes González ihrem Geburtshaus, das wegen der finanziellen Not in ein «Paladar» umgewandelt wird. «Nachdem schon alle Sachen weg waren, verkaufte ich mich selbst einige Male, was aber zu wenig brachte, und so boten wir auch die Haustüre feil», führt Lourdes González den Leser ein. Die Dichterin stellt drei Tische und zwölf Stühle ins Gästezimmer, wo abends betuchte Besucher speisen: ausländische Herren «im besten Alter», von jungen Kubanerinnen begleitet.
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