Das Archiv der Lyriknachrichten | Seit 2001 | News that stays news
Veröffentlicht am 19. Mai 2025 von lyrikzeitung
Fritz Rudolf Fries
(geboren 19. Mai 1935, heute vor 90 Jahren, in Bilbao, Spanien; gestorben 17. Dezember 2014 in Petershagen bei Berlin)
Antithetisches Gedicht leicht verkleidet
1
These
Immer wieder die sensiblen jungen Männer
mit dem verstimmten Klavier
ihrer Herzen Not
Sehnsucht mit der rechten Hand
Einsamkeit mit der Linken
Klaviere im Regen der Zeit
2
Antithese der falschen Dichter, im Regen singend
Der Regen rinnt
das Lied beginnt
wir singen
singen das Glück der Zweisamkeit
wir bringen
deiner Brüste Knospen auf Notenpapier
und arrangieren in Moll für Wörterklavier
Papier Klavier wir haben Gemüt
wir wissen schon
Gottfried Benn war aus andrem Geblüt
was schert uns der Mann
wo er uns nichts tun kann
die Neue Zeit hat das Klavier
3
Synthese
Ein Klavierstimmer
ein Glas kühles Wasser
aus dem Brunnen des Nichts
liegend getrunken
größere Papierkörbe.
(1960)
Aus: Fritz Rudolf Fries, Herbsttage im Niederbarnim. Gedichte. Berlin u. Weimar: Aufbau, 1988, S. 30f
Vielleicht muss man wissen, dass 1960 in der DDR die falschen Dichter vom Glück der Zweisamkeit und der Neuen Zeit reimten (und Gottfried Benn eine Unperson war). Gedruckt wurde es eh erst 28 Jahre später.
Fries ist besonders als Romancier wichtig – sein erster Roman wurde nur in der Bundesrepublik gedruckt (was ihn in der DDR von der Stasi erpressbar machte).
Kategorie: DDR, DeutschSchlagworte: Fritz Rudolf Fries, Gottfried Benn
Kann zu diesem Blog derzeit keine Informationen laden.
Neueste Kommentare