Das Archiv der Lyriknachrichten | Seit 2001 | News that stays news
Veröffentlicht am 12. Januar 2024 von lyrikzeitung
Agi Mishol
(* 20. Oktober 1946, einige Quellen nennen 1947 in Siebenbürgen, Rumänien, lebt in Israel)
SCHUTZRAUM
Jetzt wo rundherum Tod kriecht
und Pekannüsse sich in ihre Schalen drücken
verstecke ich mich im Hebräischen.
Nichts wird mir geschehen beim arglosen Schreiben
nichts wird mir geschehen
wenn ich mich von den Buchstaben aufnehmen lasse
wenn ich nicht über die Linie schreibe –
geschrumpft in einen kleinen Punkt
eingezwängt in ein o
oder den Bauch eines g
in einen tränenden Strichpunkt
eingegeiselt.
Geliebte heilige Sprache –
jetzt wo alles seine Zeit hat
alles Entsetzen ist
wo der Hain uns seine Früchte reicht
und die Erde gepflügt ist
tue ich nur was Rilke sagt:
lasse mir alles geschehen
Schönheit und Schrecken
ohne zu denken
daß sie endgültig sind.
Aus dem Hebräischen von Anne Birkenhauer, aus: Sinn und Form 1/2024, S. 54
Kategorie: Hebräisch, IsraelSchlagworte: Agi Mishol, Anne Birkenhauer
Kann zu diesem Blog derzeit keine Informationen laden.
Neueste Kommentare