87. Kontextuniversum

In meinem derzeitigen Lieblingsgedichtband “Morphine” gelingt es Mikael Vogel auf die feinste Weise, Lyrik subtil mit mathematischem Sachverstand zu verweben. In den Opiumdünsten und Textgespinsten entdecke ich immer wieder Versatzstücke, die mich, Kind einer Zahlenfamilie, auf Gedankenreisen schicken. Es begann schon bei der ersten Lesung Mikael Vogels, noch vor Erscheinen des Buches, mit der Riemannschen Vermutung, die “von den Gestirnen auf den nackt ausgestreckten Körper nachgezeichnet” wird. Danke für das sich von da an eröffnende Kontextuniversum!

Dass den Kapitelüberschriften die Primzahlen in aufsteigender Reihenfolge vorangestellt sind, schlägt formal den Bogen zurück zu Riemann. Dieser aufsteigenden Zahlenreihe steht grafisch an exponierter Stelle gesetzt und dennoch gut versteckt, das binäre Zahlensystem gegenüber. In einem, schon von Clemens Eich besungenen Zwanzig-nach-drei-Dämmerzustand kam ich den Abfolgen von kurzen und langen Strichen auf die Schliche. / Jan Bodenstein

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