104. Umstellung der Zeit

«Keiner hat den süssen Geruch des geschlagenen Holzes / so beschrieben, dass wir auf ihn verzichten könnten» – mit diesen Worten beginnt ein Gedicht in Michael Krügers jüngstem Gedichtband: eine kleine Meditation darüber, dass Sprache Abwesendes zwar evozieren, das Beschworene aber nicht ersetzen kann. «Umstellung der Zeit», so heisst der Band, knapp und verblüffend präzis. In den hundert neuen Gedichten geht es oft um Abwesendes, um Vergangenes und Verlorenes, das mit Worten in eine andere Zeit, in die Gegenwart gerettet werden soll. Zugleich ist das Vertrauen des Lyrikers Krüger in die Sprache nicht ungebrochen. Deren Unmittelbarkeit ist verloren und hat es wohl nie gegeben, das weiss er, seine Gedichte wissen das. Sie wollen jedoch – soweit das überhaupt möglich ist – in Erinnerung rufen, was einmal war, und sie wissen zugleich um die Vergeblichkeit, an etwas zu erinnern. / Martin Zingg, NZZ

Michael Krüger: Umstellung der Zeit. Gedichte. Suhrkamp-Verlag, Berlin 2013. 117 S., Fr. 29.90.

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