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Veröffentlicht am 3. Mai 2014 von lyrikzeitung
360.000 Russen lebten damals in der Stadt, darunter die Crème de la Crème der russischen Kultur. In den Cafés konnte man Gorki, Belyj, Jessenin oder Marina Zwetajewa treffen. Genauso wie die Maler Chagall, Lissitzky oder Kandinsky. Es gab Blini und Bortsch, serviert von Großfürsten. Alle waren sie vor der Revolution und dem Hunger in den frühen Jahren der Sowjetunion geflohen.
Wegen der Inflation war Deutschland ein beliebtes Emigrationsland. „Die deutsche Mark galt damals nichts“, erinnert sich etwa Majakowskis große Liebe Lilja Brik, „sodass wir in unerwartetem Reichtum schwelgten“. 1923, mit der Währungsreform, war es damit vorbei. Nach und nach verließen die Emigranten Berlin. Die deutschen Gesetze hatten sie ohnehin dazu gezwungen, auf gepackten Koffern in möblierten Zimmern, Hotels und Pensionen zu leben. Ein Teil der Flüchtlinge zog weiter nach Frankreich und in die USA, ein anderer Teil ging zurück und passte sich dem Sowjetregime an.
Eine, die mit ihrer Familie in Berlin blieb, war die Dichterin Vera Lourié. Während viele andere Autoren, die sich Anfang der zwanziger Jahre in Berlin versammelt hatten, in die russische Literaturgeschichte eingingen, blieb Lourié jedoch unbekannt. Zwar waren viele ihrer Gedichte, Erzählungen und Feuilletons in russischen Exilzeitschriften erschienen, aber bereits in den dreißiger Jahren verstummte sie und schlug sich in Berlin mehr schlecht als recht durch, indem sie Russischstunden gab. / Fokke Joel, Die Zeit
Kategorie: Rußland, RussischSchlagworte: Berlin, Fokke Joel, Lilja Brik, Vera Lourié
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