43. Keine Sorge

Um das Buch braucht man sich keine Sorgen zu machen und auch nicht um die Lyrik, so lange es Menschen wie Michael Krüger gibt. Als Verleger hat er sich stets dafür eingesetzt, dass Bücher noch eine Zukunft haben. In den 45 Jahren seiner Tätigkeit beim Hanser Verlag, dessen Geschäftsführer er bis Ende 2013 war, hat er diesen zu einem führenden Literaturverlag in Deutschland gemacht. Und er hat selber Romane geschrieben, Erzählungen, Essays und Gedichte.

Herr Krüger, Ihr Motto ist: Kein Tag ohne Gedicht. Welches Gedicht haben Sie heute gelesen?

Michael Krüger: Viele, weil ich auf der Suche war. Eines ist hängengeblieben, „Porträt mit Hund“ von Rutger Kopland, einem Holländer, den ich früher kannte, jetzt ist er gestorben. Das Gedicht beschreibt in vierzehn Zeilen das symbiotische Verhältnis zu einem Hund, darin heißt es: „… ich habe etwas gemurmelt und / er legte sich hin, seufzte / und schlief ein …“ In diesem kleinen Gedicht steckt mehr über unsere prekäre Beziehung zu Tieren als in allen Leitartikeln zusammen.

Sie sind ein sehr beschäftigter Mensch. Wann finden Sie Zeit und Muße, nicht nur jeden Tag Gedichte zu lesen, sondern auch zu schreiben?

Krüger: Gedichte lesen kann man immer, sie sind kurz und schmerzvoll, man kann sie in jeder Lebenslage hervorziehen, anders als fette Romane, über denen man einschläft. Gedichte schreiben ist komplizierter. Bei mir entstehen sie im Kopf als Verdichtung einer bestimmten Haltung den Dingen, den Verhältnissen, der Natur gegenüber. Je sorgfältiger man darüber nachdenkt, desto einfacher wird das Gedicht. Es reduziert, wenn es glückt, komplexe Vorgänge, die dann – hoffentlich – im Kopf des Lesers sich wieder in hoher Komplexität entfalten. Klingt kompliziert, ist aber ganz einfach: Gedichte bilden nur ab, was jeder denkt, aber nicht auszusprechen wagt.

Schwetzinger Zeitung 13.2.

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