120. Kritiker

(…) die Furcht vor den gar bissigen Kritikern, die zwar nichts schreiben, worüber man urteilen könnte, die dafür aber über das Ingenium anderer ein Urteil fällen. Es ist dies eine höchst unverschämte Leichtfertigkeit, die sich eben nur im Schweigen sicher fühlt. Wer mit gefalteten Händen am Strande sitzt, dem fällt es leicht, wie er will, ein Urteil über die Steuermannskunst abzugeben.

Francisco Petrarca, An Socrates in Avignon (Padua, 13.1. 1350). In: Dichtungen Briefe Schriften. Frankfurt/ Main: Fischer Bücherei, 1956, S. 71.

7 Comments on “120. Kritiker

  1. Hihi. den Kunstrichter wollte ich sehen, der seine Urteile auf die „Grundbegriffe des Vollkommnen und Schönen“ zurückzuführen weiß. Welcher Kritiker verfügt über diese? Deswegen habe ich oben die andere (einerseits geringere andererseits aber …) Forderung der Falsifizierbarkeit verfochten. Denn wenn es sich erwiesen hat, dass die Grundbegriffe der Vollkommenheit und Schönheit notorisch strittig sind, bleibt daneben ansonsten vielleicht doch nur die Möglichkeit, durch Pastiches und Parodien ein mögliches Bessern vorzuführen. Vielleicht sollten wir von Kritikern anderes erwarten und das hieße andere Kritiker erwarten?
    Lessing halte ich (wie die gesamte Aufklärung zumeist) heute dennoch eher für zu gering geschätzt.

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    • Ja, Lessing, das ist es. Er zeichnet den Weg von einer bloßen Meinungsäußerung ins tatsächliche Urteilen. Seine Ausführungen sind tatsächlich auch heute noch bedenkenswert. Echte Kritik stellt sich, sie ist verbindlich in all ihrer Sprüchlichkeit, in all ihrer Schärfe. Nur so führt sie weiter. Sonst verkommt sie zu bloßem Geschwätz oder gar zum Gefälligkeitsgutachten: Ich fürchte, echte Kritik gibt es heutzutage nur selten. Leider.

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  2. Und: Kritiker sollten so schreiben, dass man über ihre Kritiken urteilen könnte. Und nicht bloß sagen: Nun ja … Immer wenn man als Kritiker urteilt fragen, ob es bennennbar wäre, was es bedeutete, wenn dies falsch wäre. So kann man dann auch über Kritik urteilen. Kritik gibt sich ja gerne unverbindlich. Sie hat dann den Anscpruch künstlerisch sensibel zu sein. Darüber könnte man zwar auch urteilen, aber da käme dann nicht mehr heraus als: Viele Kritiker sind schlechte Dichter. Einige würden verletzt geifern, wenn man so etwas konkret behauptet, andere würden mit der Schulter zucken. Man wäre sehr allein. Ich ziehe den Dichter natürlich hier ganz klar auf meinen Leisten.

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