17. Vor 550 Jahren

Heute vor 550 Jahren wurde François Villon aus Paris verbannt.

Kein Poet vor François Villon hatte so selbstbewusst „Ich“ gesagt. Das macht ihn zum ersten modernen Dichter an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit. Seine Verse sind erhalten, doch er selbst hat nur wenige Spuren hinterlassen – hauptsächlich in Gerichtsakten. (…)

Nachdem Villon drei Jahrhunderte lang wegen seiner Obszönitäten und zweifelhaften Moral wenig beachtet* worden war, begeisterten sie sich gerade deshalb für ihn. Als genialen Verbrecher, poetischen Rebellen und frühen Bohemien. Paul Verlaine und Arthur Rimbaud identifizierten sich mit dem poète maudit, dem verfluchten Dichter, Villon. Ezra Pound und Claude Debussy setzten ihm musikalische Denkmäler. / Ulrike Rückert, DLF

*) Aber immerhin hat man sein umfangreiches Werk abgeschrieben und über die Jahrhunderte immer wieder in hohen Auflagen ediert. Was will man mehr?

Heute ist er im Deutschen vielleicht am bekanntesten durch den Vortrag Klaus Kinskis. Aber Vorsicht: Nicht nur sind die von Kinski benutzten Nachdichtungen von Paul Zech sehr frei, sondern Zech mischt eigene Gedichte unter seine Übersetzungen. Das – auch durch Kinski – beliebte „Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund“ ist eine freie Erfindung Zechs.

Lustig diese Aussage aus dem deutschen Wikipedia-Artikel:

Heute sind viele Collèges in Frankreich nach ihm benannt, wobei die jeweils hierfür Verantwortlichen nicht immer gut über seine Person informiert gewesen sein dürften.

Wers glaubt! Ich halte es für unwahrscheinlich, daß jemand in Frankreich nicht über das kriminelle Leben des Dichters unterrichtet ist – schließlich handelt auch das Werk wesentlich davon. Es ist wohl eher so, daß man in Frankreich eine weniger verkrampfte Einstellung zu Dichtern hat und es nicht nötig, den Dichter zum moralischen Vorbild hochzustilisieren.

In Greifswald gibt es den Brief eines Germanisten, der vor der Umbenennung  der Hermann-Löns-Straße in Hans-Fallada-Straße warnt – weil er in seinem Leben kein Vorbild für die Jugend ist. Die Straße wurde trotzdem umbenannt! Auf Falladas Gefängnistür (er saß paar Wochen wegen Unterschlagung zwecks Narko-Finanzierung in Greifswald ein, ebenso wie später in Neumünster), die jetzt im Falladahaus in der Steinstraße 59 steht, werden jedes Jahr Kühlschrankpoesie-Wettbewerbe veranstaltet, und auch manche deutsche DichterInnen – ich muß das mal zusammenstellen – haben darauf gedichtet.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..