45. Maos Furz

Kann der Chor der Zentralen Philharmonie Peking über das „Furzen“ singen? Und wie soll er das nur anstellen? Die Frage bereitete einst chinesischen Propagandafunktionären schlaflose Nächte. Anlass dazu gab ihnen der Vorsitzende Mao Tse-tung. Der war nicht nur KP-Führer, sondern auch Dichter. 1965 hatte er sein Gedicht „Gespräch zweier Vögel“ verfasst. Er nahm darin die Kulturrevolution vorweg und deutete schon die Absicht an, ein ihm nach Vorbild der Sowjetunion zu revisionistisch gewordenes China völlig umkrempeln zu wollen.

Obwohl Mao seine Strophen nach traditioneller Art komponierte, entgleiste er bei einem Vers im Ton. In seiner politischen Parabel lässt er einen legendären Riesenvogel (die von Mao geführte Revolution) einen kleinmütigen Spatz (seine bourgeoisen Gegner in der Partei ) zurecht weisen. Als der Spatz dem Riesenvogel vorschwärmt, wie gut doch Chruschtschows Gulaschkommunismus sei: „Auch zu Essen gibt es dort, Kartoffeln und Rindfleisch“, fällt ihm der Riesenvogel brüsk ins Wort: „Bu xu fang pi.“ Übersetzt heißt das: „Hör auf zu furzen.“ Danach steht: „Sieh: Die Welt wird umgewälzt.“ …

Am schwersten hatten es die Chöre und Orchester, die Maos Furz musikalisch vertonen und vorsingen mussten. / Johnny Erling, Die Welt

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