116. Lob- & Tadellöser

Wenn man gelobt wird, freut man sich. (Und hofft, man wird auch gekauft.) Bei einem Verriß wird man sich ärgern. (Aber vielleicht kann der auch den Verkauf ankurbeln?).

Nadja Küchenmeister wurde für ihren Debütband gelobt von Dorothea von Törne. Darüber konnte sie sich freuen. Mich hats auch gefreut. Trotzdem hatte Norbert Lange recht, als er einwarf:

Schöne Gedichte, aber über die Rezension sprechen wir noch mal. (Ich unterstelle Zeitdruck oder Routine. So ist das wenn man Geld mit Rezensionen verdient.)

Er fügte eine „beeindruckende“ Liste mit Blüten des Lobwesens von verschiedenen Rezensenten bei. Mußte sich jemand darüber ärgern? Die Rezensentin, vielleicht. Aber sie wurde mit einem Preis entschädigt.

Der Großlyrikkritiker bzw. Groß-Lyrikkritiker Harald Hartung hat sich ein bißchen darauf kapriziert, junge Lyriker zu „bashen“. Besonders hart und ungerecht hieb er vor 2 Jahren auf Mara Genschel ein. Jedenfalls vermute ich, daß „Er“ sich hinter dem FAZ-Kürzel „H.H.“ mehr oder weniger verbarg. „Da möchte man doch vom Genuss abraten“, so ging sein Fazit. Er hats vielleicht mit dem Magen? Einige Leser sprangen der Autorin zur Seite: ihnen gebührt Dank. (Links finden Sie weiter unten)

Jetzt hat Er sich unter seinem vollen Namen zu Nadja Küchenmeister geäußert. Verglichen mit Mara Genschel ist Er diesmal gnädig. „Sie kultiviert ein leicht anämisches Ich. Man möchte an den jungen Rilke denken…“ (FAZ 17.4. S. Z5) Bei Mara Genschel hatte er an den mittelalten Stramm gedacht. Man hat halt viel gelesen und muß den Magen ein bißchen schonen. Nicht mehr so viel durcheinander lesen. Die jungen Leute haben „das übliche Stück Biografie aufzuweisen“ (ach nein: Biographie natürlich), das ist ein Problem für den verwöhnten Gaumen. „Umso mehr ist man [sind jetzt die jungen Dichter gemeint oder Man selbst? ich weiß es nicht genau] auf das verwiesen, was ihre Gedichte bieten.“ „Altmodisch“, fällt dem alten Herrn ein, „und ebendeshalb bemerkenswert ist auch eine Lebensstimmung, die man längst vergangen glaubte…“ Trotzdem, er findets charmant und sagt das auch zum Schluß, verstärkt um 2 weitere Lobworte: „frisch und naiv“. Die Autorin kann eigentlich zufrieden sein. Und Herr Hartung? Seine Meinungen, Lob oder Tadel, klingen meinem Ohr immer ein bißchen herablassend. Er ist ja auch wer. Auch seine Gedichte wurden oft gelobt. Ich persönlich fand sie immer ein bißchen blaß, das kann er verschmerzen.

Norbert Lange warf seinerzeit gleich (listigerweise) zwei rasch skizzierte Karten der jungen Leipziger Szene in den Raum, die mir mehr sagen als die kränkliche Besprechung. Ich rücke sie noch einmal ein. (Den Kontext finden Sie, wenn Sie dem Link darunter folgen).

1. Sprachreflexive, Subjektive oder Sprachmalerische (mir fällt kein besserer Begriff eben ein) ließen sich vielleicht DichterInnen zuordnen. Dass dabei welche zusammenkommen, die nicht gemeinsam genannt werden wollen, versteht sich von selbst. Z.B.:

  • Subjektive: Sandig, Reyer, Elze, Küchenmeister…
  • Sprachmalerische: Trojan, Rudolph, Preiwuss, Hefter…
  • Sprachreflexive: Ames, Amslinger, Genschel, Kuhlbrodt, Lange, Reinecke…

2. Wahlweise geht auch so…

  • Subjektive: Ames, Amslinger, Genschel, Kuhlbrodt, Lange, Reinecke…
  • Sprachmalerische: Sandig, Reyer, Elze, Küchenmeister…
  • Sprachreflexive: Trojan, Rudolph, Preiwuss, Hefter…

In: L&Poe 2010 Mrz #77. Sanft und gelassen … aus dem Fegefeuer

ALLE LICHTER.
Von Nadja Küchenmeister. Schöffling, Frankfurt/M. 104 S., 16, 90 Euro.

Mara Genschel: „Tonbrand Schlaf.“ Gedichte. Connewitzer Verlagsbuchhandlung, Leipzig 2008. 76 S., br., 10,- [Euro].)

Im L&Poe-Archiv:

  • 2008     Apr     #80.     Exp.-Basher b
  • 2008     Apr     #82.     Was soll das heißen? c
  • 2008            Apr            #83.            MARA GENSCHEL, TONBRAND SCHLAF c

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