116. Nahezu indifferentes Ich

Wenn es jemand unter den Dichtern der jungen Generation versteht, sein künstlerisches Material kalt zu halten – dann ist es der 1977 geborene Daniel Falb. Sein Debütbuch „die räumung dieser parks“ präludierte 2003 einen neuen Typ junger Großstadtpoesie. Kühl, ironisch, gelassen, ja fast ungerührt verknüpfte Falb die unterschiedlichsten Diskursformen und Bewusstseinsreize. Seine reaktionsschnelle Durchquerung disparater Alltags- und Fachsprachen, seine coole Montage von Redegesten kommt ohne das traditionelle lyrische Subjekt aus. Bei Falb spricht ein nahezu indifferentes Ich, das lapidar Sätze aufeinanderprallen lässt. …

Daniel Falb hat für seinen Blick auf die globalisierte Welt eine poetische Relaisstation eingerichtet, in der keine Gefühle mehr zählen, sondern einzig noch das beiläufige Registrieren von Sprachbewegungen. Dieses süffisante Durchwinken aller romantisch-emphatischen Ausdruckshaltungen hat seinen Reiz. Doch zugleich beginnt man das alte lyrische Ich zu vermissen. Denn die innere Empfindung, dereinst die Domäne der lyrischen Subjektivität, wird bei Daniel Falb eliminiert. / Michael Braun, Tagesspiegel 18.10.

Daniel Falb: Bancor. Gedichte.
Kookbooks Verlag,
64 Seiten, 19,90 €


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