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paßt vielleicht auch ein Beitrag zur Lage von Dichtern in Deutschland. Hier ein Brief von Angelika Janz aus dem vorpommerschen Aschersleben. Vorangestellt ein Gedicht der Autorin:
handlung
der mahnung gemäß
bleibst du flüchtig.
aus-
rechnen wirst du den ausweg
ein wenig genauer als
falsch.
du versprichst dir
zu bleiben,
sichtbares
mit deiner haut
einzukleiden,
dass alle gestalt
außer dir auch
noch anderes meint
Lieber Michael,
Hier neueste Nachrichten von der Scholle. Die Weiterförderung der KinderAkademie (die 2008 den Deutschen Lokalen Nachhaltigkeitspreis ZeitzeicheN erhalten hatte*, die mit dem Förderschulprojekt “Vertrauen ist wichtig – Freundschaft ist richtig” als Modellprojekt von “Kinder zum Olymp” der Kulturstiftung der Länder im Netz ausgewiesen wurde und deren Leiterin von der Sozialministerin MV in den Familienkonvent berufen worden ist) ist ohne Begründung zugunsten vieler kleiner Kulturveranstaltungen im Kreis abgelehnt worden. Argument des zuständigen Leiters der Jugendabteilung im LRA: Ist ja eigentlich auch Sache des Kultusministeriums. Das aber schmettert Terminwünsche ab. Eine Bitte an den Ministerpräsidenten des Landes MV um einen Termin, um ihm die Situation der Kinder und Jugendlichen im ländlichen Raum schildern zu können, wurde von der Sekretärin abgewehrt : es bestehe kein Interesse des Ministerpräsidenten an einem Gespräch.
Ich habe vor vier Tagen erfahren, dass die Anschlußfinanzierung im Projekt “Vielfalt tut gut” für unsere Kinderakademie abgelehnt wurde. Über 100 Kinder in den Werkstätten für kulturelle Basisarbeit (KinderAkademie im ländlichen Raum Uecker-Randow) sind betroffen in Ferdinandshof in Kita, Grundschule, Regional-und Förderschule, die bereits 3 Jahre mit stets großen Strecken Ehrenamtsarbeit dazwischen dennoch immer neue Weiter-Förderung gefunden haben. Uecker-Randow ist sogen. “Modellregion”: Mir hoher Arbeitslosigkeit, Rechtsorientierungen, Depression, Alkoholismus, Abwanderung der Jungen (nur 0,4 % der hiesigen Abiturienten kehren nach dem Studium hierher zurück), Entvölkerung der Dörfer mit einem jetzt schon Alterdurchschnitt um die 50 Jahre.
Unser Antrag zum Thema “Gegensätze” wurde fast ein Jahr vorbereitet. Träger war, da ich als Autorin/Künstlerin Einzelkämpferin und nicht Verein bin, die AWO. Aus unerfindlichen Gründen lehnte der Ausschuß im Kreis nach langer Wartezeit schließlich das Projekt ab und besteht – auf Nachfrage – auf seiner Alleientscheidungshoheit (das mir nicht bekannte Gremium soll aus Vertretern der Ämter, Wirtschaft und Polizei bestehen.) Damit sie unser Thema “Die Mitte der Gegensätze finden oder Gegensätze überwinden?” verstehen, wurde mit Hilfe des KJR der Antrag fast bis zur Unkenntlichkeit sprachlich und inhaltlich beschnitten. Verbunden mit dem Antrag war/ist die Erstellung einer Wandzeitung zum Thema Gegensätze (Förderschule), die Entwicklung eines Memory-Spiels mit den Kleinen (Kita/Grundschule) zum Thema Gegensätze und einer Schüler-für Schüler-Publikation “Die Mitte der Gegensätze finden” (Gymnasium).
Ich hätte im September – , als man mir vom KJR eine Art “Vorspiel” der eigentlichen Förderung für 09 antrug (weil noch Gelder “übrig” waren), eine viermonatige Vor-Förderung und dabei stets bekräftigte, es ginge auf jeden Fall 09 weiter, im Wissen um Planungsunsicherheit – einem so umfänglichen Projekt nie zugestimmt. Nun habe ich seit Jahresbeginn, täglich viele Stunden in meinen Schulwerkstätten gearbeitet, auch wohlwissend, dass es rückwirkend ohnehin keine Förderung gibt – als Freischaffende auf eigens Risiko aber frohen Mutes im Hinblick auf die langerwartete Weiterförderung bis Jahresende 09. In den einzelnen Gruppen Kita, Regional-Grund-Förderschule haben sich wunderbare Dinge ereignet – das Vertrauen der Kinder und Jugendlichen zu mir ist sehr berührend, man macht als Künstler/Autor gleichzeitig immer Sozialarbeit, die Kinder sind untereinander fast immer umwerfend zuvorkommend (“Stärkung der sozialen Kompetenz”, wie immer es offiziell gewünscht wird, dazu deutliche Verbesserung der Sprachkompetenz, Verbesserung der kreativen Offenheit und Fertigkeiten), die Ergebnisse der künstlerischen Arbeiten der Kinder und Jugendlichen sind einfach nur zum Freuen und bereits in vielen Ausstellungen gezeigt worden. Unsere Öffentlichkeitsarbeit lief hervorragend, die örtliche Presse unterstützt die KinderAkademie. Ich habe nach dieser Hiobsbotschaft Phasen, in denen alles blockt, eine Knebelsituation. Mentale und materielle Kräfte sind nahezu aufgezehrt. Die Kinder, die sich jede Woche auf ihre Werkstatt freuen und sich die ganze Woche schon vorbereitend damit befassen, kann ich nicht im Stich lassen. Mit Kindern und Jugendlichen kann man auf diese Weise und auf Dauer nicht Lotto spielen. Ein solches Projekt, das ich einmal mit gutem solidarischem Gewissen anderen Mit-Autoren/Mitkünstlern empfehlen möchte, braucht eine Regelförderung.
Beste Grüße
KinderAkademie/KunstWerkstatt im ländlichen Raum
Angelika Janz
Aschersleben
17379 Ferdinandshof
janz.a@web.de
KleinesPDF-Dokument Kinderakademie.pdf (1,5 MB)
*) vgl. L&Poe 2008 Okt #4. Deutscher Lokaler Nachhaltigkeitspreis 2008 – Zeitzeiche(N) an Angelika Janz; 2008 Okt #78. Im Landkreis wird die Kultur abgewickelt
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