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Veröffentlicht am 20. August 2003 von rekalisch
Ungeschönt und ungekürzt sind alle Texte versammelt, die Martin Merz in die Tasten seiner Schreibmaschine gehämmert hat – ohne je zu korrigieren, ohne Widerruf oder Überarbeitung, wie Klaus Merz von der quasi eruptiven Schreibweise seines Bruders berichtet. So bleibt einem beim Lesen, den qualitativen Schwankungen zwischen den einzelnen Gedichten ausgesetzt, letztlich nur die permanente Befragung von Text und Lesart zugleich: Aus welchen Bildern oder Auslassungen sind die poetischen Sehnsuchtsräume gezimmert? Wie bewegt sich das lyrische Ich darin? Wie gut greifen die Werkzeuge des Verstehens und Interpretierens in Texten aus dem «Zwischenland»?
Wohl zu Recht fordert Elsbeth Pulver in ihrem so einfühlsamen wie klugen Nachwort, man solle sich auf den Dichter Martin Merz einlassen wie auf andere Lyriker. Dennoch tauchen hinter und über den intensiven Sprachbildern die anderen, biografischen Bilder immer wieder auf: Der vom Bruder gestützte, lachende Mann, der in seinen Gedichten so häufig vom Tanzen, von der Bewegung spricht. Der Dichterbruder, in dessen «Kavernen» im Kopf sich Texte bilden, «schmal und zerbrechlich wie Stalagmiten oder Stalaktiten», wie Klaus Merz das Überraschende, die Vorstellungen vom «Normalen» oder «Behinderten» Überrumpelnde beschreibt. / Sibylle Birrer, NZZ 20.8.03
Martin Merz: Zwischenland. Die gesammelten Gedichte. Mit einer Hommage von Klaus Merz und einem Nachwort von Elsbeth Pulver. Haymon-Verlag, Innsbruck 2003. 155 S., Fr. 25.
Kategorie: Deutsch, SchweizSchlagworte: Klaus Merz, Martin Merz, Sibylle Birrer
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