Ohne zu sterben

«Das Tal der Rituale» versammelt Verse aus zwei vergriffenen und drei jüngeren, bis anhin unübersetzten Werken in einer zweisprachigen Ausgabe, die das Herz jedes Bibliophilen höher schlagen lässt: So schön sind die Seiten gesetzt, dass sich das arabische Original in Ziegelrot und die deutsche Version in Schwarz zu einem typographischen Kunstwerk fügen. Es sind Gedichte aus den letzten 20 Jahren, einsetzend in Rifkas 53. Lebensjahr: ein Spätwerk, das von den «Gedichten eines Indianers» (1993) bis zur «Ruine des Sufis» (1998) vornehmlich ums Altern kreist. «Am Rande der Existenz / steht er immer, / in der Tasche / die Fahrkarte, / er wartet auf das Schiff, / auf die Flagge zum Übergang.» Oder, dürrer noch: «Seit Dutzenden von Jahren / beim Gastmahl des Todes / ohne zu sterben.» Einfacher geht es kaum, und gerade das ist Rifkas Stärke. Der libanesische Christ hat die Bibel nicht nur neu übersetzt, er hat sich an ihrem demütigen Vortragsstil, dem sermo humilis, geschult und weiss mit schlichten Worten, mit Kindersprache – «nackt, einfach und arm» – eine Saite zum Klingen zu bringen, ja den Leser zu erschüttern. / Ludwig Ammann, NZZ 27.5.03

Fuad Rifka: Das Tal der Rituale. Ausgewählte Gedichte. Arabisch – Deutsch. Aus dem Arabischen von Ursula und Simon Yussef Assaf sowie von Stefan Weidner. Straelener Manuskripte. 128 S., Fr 46.40.

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