Der Schriftsteller Wolfgang Rohner-Radegast ist tot. Er starb am Sonntag in Freiburg im Breisgau im Alter von 82 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung, wie sein Verlag am Dienstag mitteilte.
Der Dozent, Lehrer und Lektor begann erst mit 62 Jahren Lyrik, Essays und Prosa zu veröffentlichen. Er wurde bekannt mit seinen Büchern «Germering», «Geflüsterwald» und «Semplicita». 1999 veröffentlichte er «Kinderblitz, Jambudvipa». Kurz vor seinem Tod vollendete der in Mecklenburg geborene Autor einen Band mit Essays, der in den kommenden Tagen unter dem Titel «Last Exit Poetry» erscheinen soll. / NZZ 9.7.02
Weitere Nachrufe: Baz 10.7.02 (Michael Braun)
So beeindruckten die beiden Eisler-Spezialisten am Klavier in der «Ouvertüre für zwei Klaviere» und den Klavierstücken, sangen Dorothee Labusch und David Thorner aus den «Zeitungsausschnitten» gegen die bürgerliche Lyrik an oder rief der Chor in «Vier Stücke für gemischten Chor» zum Kampf der Arbeiter auf. Grüsse aus dem Exil in Amerika übermittelten die Hölderlin -Fragmente, drei Lieder für Gesang und Klavier als Zeichen gegen die missbräuchliche Vereinnahmung des deutschen Klassikers durch die Nazis. / Landbote 8.7.02
a poet of the New York School whose work combined the sardonic wit of a borscht-belt comic, the erotic whimsy of a Surrealist painter and the gritty wisdom of a scared young soldier, died Saturday at his home in Manhattan. He was 77. / Nachruf NYT *) 8.7.02
Weser-Kurier/ Wümme-Zeitung berichten über Johannes Schenk (8.7.02) – Westdeutsche Zeitung aus Wuppertal über die erste lange Nacht der „Konkreten Poesie“ mit Eugen Gomringer als Gast (Link braucht Zeit!).
I’ve always liked poems that take reading as their ostensible subject and treat it with the genuine intensity it deserves.
Here, for example, is a tiny two-line poem that fills me with a sudden sense of liberation. I recently discovered this poem by the 11th-century vizier Ibn ‚Ammar of Silves, at the head of an anthology of poems from Arab Andalusia.
Reading
My eye frees what the page imprisons:
the white the white and the black the black.
/ Edward Hirsch, The Washington Post 7.7.02
The emergence of this obscure German academic, who taught modern history for many years at the University of East Anglia, as a world-class writer when already in his 50s, is one of the most remarkable literary phenomena of recent decades. Although the books were all first published in Germany, it was not until their rapturous reception in Britain and America that the true stature of this writer was gauged. / Stephen Romer, The Guardian Saturday July 6, 2002
After Nature by W G Sebald , trs Michael Hamburger 128pp, Hamish Hamilton, £12.99
Unter der Rubrik Masterclass erklärt James Fenton den englischen Hauptvers, den jambischen Pentameter (vulgo fünfhebiger Jambus, z.B. Blankvers). Sie sind gewarnt!
A genius for variation explains its pre-eminent place in English verse, says James Fenton. / The Guardian 6.7.02
James Fenton: An Introduction to English Poetry (Viking, £14.99)
(Können Sie sich das in der Zeit vorstellen?)
Über einen Literaturstreit von 1827 zwischen Heine und Platen berichtet die NZZ:
Ausgangspunkt der Auseinandersetzung waren einige eher harmlose Epigramme, mit denen Karl Immermann die Verfasser orientalisierender Modepoesie in der Nachfolge von Goethes «West-östlichem Divan» dem öffentlichen Spott aussetzte. Heinrich Heine hatte sie im Anhang zum zweiten Teil seiner «Reisebilder» von 1827 gedruckt. In Anspielung auf Goethes Vorbild, den persischen Dichter Hafis aus Schiras, wurden da Friedrich Rückert , der Verfasser der «Östlichen Rosen», und August Graf von Platen mit seinen «Ghaselen» als Goethe-Epigonen abgetan:
Von den Früchten, die sie aus dem Gartenhain von Schiras stehlen, Essen sie zu viel, die Armen, und vomiren dann Ghaselen.
… Sein [Platens] «Pochen auf Klassizität», das in der virtuosen Handhabung der antiken Ode, des Renaissance-Sonetts und komplizierter orientalischer Strophenformen seinen Ausdruck finde, wird von Heine als «Heuchelei», als Maskierung seiner wahren Absichten und als Anmassung abgetan. Im Grunde entzündet sich der Streit also an der Frage, wer der legitime Erbe Goethes im neunzehnten Jahrhundert sei. Heine, der sich selbst als «der grosse Heide No 2» bezeichnete und mit seiner ironisch gebrochenen Lyrik, später mit seinen politisch relevanten allegorischen Stadtbildern aus Paris als erster Dichter der literarischen Moderne in Europa etablierte, dieser Heine hatte, wie die Geschichte gezeigt hat, die rechtmässigeren Titel auf diese Anwartschaft.
/ Bernd Witte, NZZ 6.7.02
Die erste Heinebiographie auf Hebräisch schildert ihn als Vorläufer eines säkularen Zionismus. Die Besprechung in der Jerusalem Post gedenkt auch deutscher Bräuche:
Now consider the liner notes to a Columbia Masterworks 78 RPM recording of “Dichterliebe” from the 1930s: “In contemporary German editions of Schumann’s songs, Heine’s name is left out, or pasted over with a strip of paper.”
/ 6.7.02
Eine solche eröffnet Rolf Schneider in der Berliner Morgenpost am 6.7.02 mit Theodor Fontanes „Lebenswege“:
Fünfzig Jahre werden es ehstens sein,
Da trat ich in meinen ersten «Verein».
Natürlich Dichter. Blutjunge Ware:
Studenten, Leutnants, Refrendare.
Rang gabs nicht, den verlieh das «Gedicht»,
Und ich war ein kleines Kirchenlicht.
So stand es, als Anno 40 wir schrieben,
Aber ach, wo bist du Sonne geblieben,
Ich bin noch immer, was damals ich war,
Ein Lichtlein auf demselben Altar,
Aus den Leutnants aber und Studenten
Wurden Genräle und Chefpräsidenten.
Und mitunter auf stillem Tiergartenpfade,
Bei «Kön’gin Luise» trifft man sich grade.
«Nun, lieber F., noch immer bei Wege?»
«Gott sei Dank, Exzellenz… trotz Nackenschläge…»
«Kenn ich, kenn ich. Das Leben ist flau …
Grüßen Sie Ihre liebe Frau.»
Zwei schon etwas ältere Damen der „Frauenaktion Scheherazade“ hatte im Herbst letzten Jahres die kalte Wut gepackt, als die rot-grüne Bundesregierung der Bombardierung Afghanistans zustimmte. Die Schulrektorin Karla Werkentin und die pensionierte Lehrerin Anna Elmiger wollten „wenigstens eine kleine symbolische Geste“ zeigen und verklebten einige Zeilen Lyrik in der Bannmeile rund um das damals noch in Mitte stehende Bundeskanzleramt.
Erste Strophe des berühmten Gedichtes von 1779 [ Matthias Claudius]: „S ist Krieg! Oh Gottes Engel wehre, Und rede Du darein! S ist leider Krieg – und ich begehre Nicht schuld daran zu sein!“
Doch die Hoffnung auf die Zersetzungskraft deutscher Lyrik war vergeblich. Weder gingen Gerhard Schröders Regierungsbeamte weinend und Abbitte leistend vor den Zeilen in die Knie, noch ließ sich das Beamtentum in seiner unerbittlichen Mahlkraft erweichen.
Im Gegenteil: Im Mai erhielten die beiden Damen die Mitteilung des Bezirksamtes Mitte, es sei ein Ermittlungsverfahren gegen sie eingeleitet worden. Vorwurf: Verstoß gegen das „Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen“. / taz Berlin 5.7.02
In kurzer Folge, teilweise sich überschneidend, lösten sich in Tbilissi mehrere Dada-Formationen ab. Aus dem «Syndikat der Futuristen» ging die Gruppe «41°» hervor, die unter der Leitung von Igor Terentjew und mit Unterstützung von Krutschonych zur wichtigsten Fraktion des georgischen Dadaismus werden sollte. Rund fünfzig Buchveröffentlichungen – Manifeste, theoretische Schriften, «transmentale» Gedichte und Dramen – erschienen ab 1917 bis 1919 in einer Auflage von jeweils 250 Exemplaren. Die mehrheitlich illustrierten und typographisch kühn komponierten Bücher gaben sich schon durch ihre Titel als dadaistische Artefakte zu erkennen: «Zärtlichkeitsrekord» und «17 Stusswaffen» (Terentjew), «esEl zu mietEn» und «Janko könIg der albAner» (Sdanewitsch ), «Malacholie im Kopfstand» und «Fettsucht der Rosen» (Krutschonych) und anderes mehr. Als «Grundgesetz dichterischen Redens» proklamierte die Gruppe «41°» die konsequente Verbindung von klangähnlichen Wörtern zu «hintersinnigen» Texten, die nicht mehr bedeuten, bloss noch lauten sollten; gefordert waren auch Neologismen, Fremdwörter, Slang, herausgestellt wurde die poetische Qualität von Druckfehlern und Versprechern, und man verwies auf den Zufall als Kreativitätspotenzial. / Felix Philipp Ingold, NZZ 5.7.02
Ein interessanter Spagat: Hier die „jungen Wilden“, da die Lautpoeten und in der Mitte jene, die in konventioneller Art ihrer Arbeit nachgehen. Am Samstagabend beschließt die Gala „Weltklang – Nacht der Poesie“ das Festival. Zum dritten Mal findet die grandiose Open-Air-Lyriknacht am Potsdamer Platz statt. Rap, Hip Hop und Spoken Word in neun Sprachen werden auf etablierte, wenn auch nicht weniger experimentelle Poeten wie Thomas Kling oder Friederike Mayröcker treffen. / Tagesspiegel 4.7.02
so sein neuer Lyrikband, ist gleichsam Programm: Karasholi setzt sich ein für ein „Zusammenkommen der Welten“. In die Lesung aus seinen verschiedenen Gedichtbänden streute er immer wieder biografische Stationen ein: das Weggehen aus Syrien in jungen Jahren, mindere Arbeiten fürs Überleben als Asylant in München und Berlin, Studium der Theaterwissenschaft und Promotion über Brecht, Etablierung als zweisprachiger Dichter, 1992 Chamisso-Preis und Rede vor der Bayerischen Akademie der Künste. / Der neue Tag 4.7.02 über eine Lesereise des deutsch-syrischen Dichters Adel Karasholi.
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