(so Rühmkorf) Robert Gernhardt wird am 13.12. 65. Es gratulieren: Nürnberger Zeitung (Nicholas Neu, dpa) 11.12.02 (und fast alle anderen).
There are words in Ms. Stone’s poems that cannot be printed in this newspaper, even for art’s sake. The words are not written for effect, they are there because of a brutal honesty. Indeed, Ms. Stone is sometimes called America’s Akhmatova. Like that poet of Russia’s post-revolutionary suffering, Ms. Stone doesn’t go for Symbolist tricks. Like Akhmatova, she writes uncompromisingly about passion and unbearable loss; about living in poverty and on the margins of experience. / The New York Times 10.12.02 über die 78jährige Dichterin Ruth Stone
heute in Weimar und gilt als einer der bedeutendsten Lyriker Deutschlands. Seit 1987****) hat er zahlreiche Gedicht- und Prosabände veröffentlicht. Martin Walser urteilte schon 1988 über ihn: „Der lebt ja nicht von Urteil, Idee, mediengerechter Apokalypse. Der lebt von Gegenständen, nächster Nähe. Der lebt wie barfuß. Der erlebt mit Händen und Füßen. Der weiß nichts, was er nicht erfahren hat. Das hat zur Folge: Die Sprache urteilt nicht. Sie schleppt Sachen heran. Gegen das Vergessen.“ / Saarbrücker Zeitung 9.12.02
****) Wobei hinzuzufügen wäre, daß Kirstens erste Lyrikveröffentlichungen 1968 und 1970 in Ostberlin erfolgten und daß auch in den folgenden 17 Jahren bis 1987 etliches an Prosa und Lyrik in Ost und West erschien. Irgendwie komisch: schon am 29.8.2000 las man in der FR vom „Debüt als Erzähler“ des Lyrikers Kirsten. War das nicht 16 Jahre früher? Schlagen die nicht mindestens nach, bevor sie schreiben?
Zwei Beiträge beschäftigen sich in der NZZ vom 9.12.02 mit Kultur und Sprache der Berber in Marokko.
meist aber voller Eros, Liebe und Zärtlichkeit schreiben diese Frauen. „Als ich ihre Liebesgedichte gemacht habe, war ich ein Jahr lang eine Frau“, sagt Dutli zu seiner Übersetzertätigkeit und beschreibt damit seine eigene Innigkeit, Vertrautheit, ja Verliebtheit zu den Texten. „Mit dem Strohhalm trinkst du meine Seele“ war der Abend betitelt und fast hätte man in dem Gehörten ertrinken können! / Der Neue Tag 9.12.02 über eine Lesung mit dem Lyriker und Nachdichter Ralph Dutli – hier namentlich zu Achmatowa und Zwetajewa.
beschäftigt sich auch Herr (?) Jamal Tuschik in der FR vom 9.12.02:
Die aus Dresden gebürtige Germanistin Ines Geipel eröffnete ihren Beitrag mit einem Gedicht von Jutta Petzold, „der Konter-Stimme zu Christa Wolf“, wie man erfuhr. Zu hören war, dass „die Ohren der Männer nicht wehmütig genug für die Wahrheit sind“. Die Lyrikerin sei in die Psychiatrie verbracht worden. Man habe sie „fehlbehandelt“ und so ihre artistischen Potenziale zerstört.
Nicht weniger tragisch verlief das Leben der Inge Müller, die in dritter Ehe mit Heiner Müller verheiratet war und sich 1966 das Leben nahm. Ihr Einfluss auf das Werk des Dramatikers untersuchte Ines Geipel in einer Biografie über Inge Müller, Dann fiel auf einmal der Himmel um (Henschel Verlag). Inge Müller war in den letzten Kriegstagen in Berlin und wurde am Prenzlauer Berg verschüttet. Die traumatischen Erfahrungen fanden nicht nur Einlass in ihre literarische Produktion: „Dass man so sterben kann wie im Vorbeigehen.“ Der Gatte profitierte davon. Er reüssierte schließlich als „Spezialist der deutschen Kriegspoesie“. Man muss sich den Zusammenhang so klar machen: „Inge war im Krieg und Heiner schrieb darüber.“
Untertitelt ist der Beitrag:
Zum Beispiel die Gattin des Dramatikers Müller oder der LiBeraturpreis oder die Autorin Jutta Petzold – ein Abend über Frauen im Literaturbetrieb
In der NZZ (7.12.02) schreibt Monika Carbe über die Literatur der Türkei:
«Andere entsteigen den Büchern eines Nachts, / Bedecken das Weltall, andere./ . . . Ihre Stirn ohne Zeichen. / Neue Bücher schreiben sie, andere.» Diese Zeilen des ältesten lebenden Dichters der Türkei, Fazil Hüsnü Daglarca*, hat Joachim Sartorius in der Übersetzung von Gisela Kraft in den «Atlas der neuen Poesie» aufgenommen. Daglarca, 1914 geboren, also nur zwölf Jahre jünger als Hikmet, war von Anfang an dagegen gefeit, allzu direkt in die Fussstapfen des Älteren zu treten, da er früh seinen eigenen, unverwechselbaren Stil entwickelte. Die Bildersprache und die Metaphern der Divan-Dichtung waren ihm vertraut, aber wie Hikmet wandte er sich früh vom silbenzählenden Versmass des Osmanischen ab und schrieb in freien Versen, auch er mit sozialkritischem Anspruch. Jahrelang, von 1960 an, klebte er als Verleger und Buchhändler Woche um Woche jeden Donnerstag ein neues Gedicht an die Schaufensterscheibe seines Ladens, mit dem Erfolg, dass seine Poesie gelesen – und diskutiert wurde. … …
[von den Jüngere sei nur) Cevat Capan** genannt, 1933 geboren, Professor der Literaturwissenschaft – und weder akademisch vertrocknet noch epigonal. Gewiss fehlt ihm das Zeichen auf der Stirn – denn Schicksalsglauben ist seine Sache nicht. Sein Gedicht «Yazt» (Epitaph) lautet:
Ein Mann, der die Inseln liebte, Inseln wie Frauen. Ein Mann aus den Bergen, vom Land, der in Kneipen sass. Ein Bauer in der Residenz des Osmanischen Reichs, in algerischen Ketten, Reisender aus Marseille. Ein Mann, der sich auflehnte gegen Abdülhamit II. und nach Havanna ging – mein Vater.
*) Der dumme Browser kann nicht lesen. Richtig: Fazıl Hüsnü Dağlarca
**) Cevat Çapan
Der tunesisch-französische Schriftsteller Abdalwahab Meddeb geht auch in einem jüngstren FR -Interview (7.12.02) scharf mit der Krankheit des Islam ins Gericht:
Ich hätte nicht gezögert, vor Gericht zu Gunsten von Michel Houellebecq zu sprechen. Ich hätte als Schriftsteller den Schriftsteller unterstützt. Und ich gehe noch weiter: Das Heilige ist bei uns in Europa nicht mehr das Religiöse. Es hat sich in Richtung der symbolischen Formen weiterentwickelt. Die Heiligkeit verorte ich in der Poesie, in der Literatur. Was ist heilig ? Es ist die Tatsache, ein Leben in aller Radikalität aufgrund einer getroffenen Entscheidung zu führen.
***) Zum Vergleich hier der fast komplette Anteil von Weltlyrik in der jüngsten Ausgabe der „Zeit“: der besteht aus einem FAZ-Zitat folgenden Wortlauts in einer Anzeige von S. Fischer: „Deutschlands wichtigster Poet“, darüber in Fett: Robert Gernhardt. – Lesen Sie lieber weiter in der NZZ 07.12.02.
Auch heute bestätigt die NZZ ihre Spitzenposition unter den deutschsprachigen Zeitungen. Im Feuilleton wird heute die ungarische, türkische, französische, irakische, palästinensische und auch die algerische Literatur bedacht.***) / Regina Keil-Sagawe, NZZ 7.12.02:
Er ist der blaue Vogel seiner Zunft: der algerische Lyriker und Schriftsteller Habib Tengour. Auf der Höhe seiner Zeit? Ist er nie. Sondern stets einen Tick voraus. Mit den Instrumenten des Feldforschers, des Soziologen, Ethnologen, Kulturanthropologen, gekoppelt mit der Intuition des Dichters, spürt er algerischen Befindlichkeiten im Fadenkreuz west-östlicher Einflüsse nach und fühlt seiner Gesellschaft den Puls, noch ehe diese selbst es bemerkt, dass ihr Herzschlag sich beschleunigt hat: «Der Maghrebiner ist immer unterwegs, und er verwirklicht sich nur dort.» Eine poetische Weltsicht, von Tengour 1981 in seinem «Manifeste du surréalisme maghrébin» formuliert – im Geist des seelenverwandten Rimbaud und auf der Folie des berühmten Manifests von André Breton. Der leise Zynismus, der aus diesem Diktum spricht, erfährt neuerdings eine makabre Bestätigung im Exodus der algerischen Jugend, die der perspektivelosen Situation in ihrer Heimat nach Kanada, Frankreich, Australien oder Afghanistan zu entkommen sucht. … …
Nicht ohne Grund hat der Literaturwissenschafter Hédi Abdeljaouad 1998 in seiner Studie «Fugues des Barbarie» für Tengours Technik als Paradebeispiel moderner maghrebinischer écriture den Begriff des «Soufialismus » geprägt, in dem Wesenszüge von Surrealismus und Sufismus miteinander verschmelzen.
Außerdem u.a.: Paul Valérys Angelologie und ein Gedicht des palästinensischen Dichters Ghassan Zaqtan.
Die „Frankenpost “ (6.12.02) schreibt über die frühvollendete argentinische Lyrikerin Alejandra Pizarnik :
,,Was mache ich mit der Angst“, fragt ja auch eines der Gedichte, die immer wieder um zeichenhafte Begriffe kreisen: Wort und Name, Wind und Stille, Liebe und Tod und Furcht… Vom ,,Misstrauen“ erzählen sie verschlüsselt und davon, dass es in der ,,Kindheit“ schon begann: Alejandra Pizarnik entstammt einer jüdischen Familie, die fast vollständig in deutschen Vernichtungslagern zu Grunde ging. Von der ,,Nacht“ berichtet sie, von der ,,entsetzlichen Sonne“, die darin scheint – Todesmetaphern alles. 1972, erst 36 Jahre alt, nahm sie sich das Leben: ,,Ich will nicht weiter als bis zum Grund gehen.“
Beim Zürcher Ammann-Verlag erschien der erste Band einer Werkausgabe. Zitat aus dem Newsletter des Verlages:
Sie ist eine der wichtigsten Stimmen der lateinamerikanischen Dichtung, Italo Calvino, Octavio Paz und Julio Cortazar gehörten zu ihren Verehrern. Der argentinische Autor und Kritiker Luis Chitarroni sagte über sie:„Alejandra Pizarnik. Es reicht, sie zu nennen, und in der Luft erzittern Poesie und Legende. Äußerste Lyrik und auch Tragödie.“ Im September ist nun der erste Band der Werkausgabe erschienen, was inzwischen auch von der Presse zur Kenntnis genommen wird. Anastasia Telaak hat für die „Jüdische Allgemeine“ ein überaus kenntnisreiches und liebevolles Portrait von Alejandra Pizarnik geschrieben, in der aktuellen Literaturbeilage der Frankfurter Rundschau widmet sich Jan Wagner den„erschütternden Dokumenten eines lebenslangen Leidens an der Welt“. Gerne schicken wir Ihnen Kopien der Artikel auf Anfrage zu: joachim.leser@ammann.ch . Grimmepreisträgerin Monica Bleibtreu und die Bandoneonistin Helena Rüegg stellen weiterhin mit grossem Erfolg die Autorin und ihre Gedichte vor, ein „atemlos lauschendes Publikum“ sah eine Journalistin der Badischen Zeitung in Offenburg. Weitere Termine sind in Hof , Sulzbach-Rosenberg, Köln, Heidelberg, Osnabrück und Fulda vorgesehen.
Times Literary Supplement (6.12.02) schreibt über Harry Mathews , das einzige amerikanische Mitglied der Gruppe „Oulipo“ (in Deutschland u.a., durch gemeinsame Projekte mit dem deutschen Gruppenmitglied Oskar Pastior bekannt: Die Erfindung der Sprache, Schreibheft 40).
In der Süddeutschen (6.12.02) zwei Gedichte des in München lebenden iranischen (oder iranisch-deutschen) Dichters Said: morgens / der tod .
„ Buch.Preis 2002“ für Ferdinand Schmatz, dessen 1987 mit Franz Josef Czernin verfasster Lyrikband „Die Reise. In 80 Gedichten um die Welt“ für einen kleinen Skandal sorgte, weil er ihn in einem „Gegenband“ („In 80 flachen Hunden in die ganz tiefe Grube“) als bewusste Düpierung des Literaturbetriebs enttarnte. / Neues Volksblatt – Kultur 06.12.02
Le Nouvel Observateur vom 5.12.02 bespricht Francis Ponge :
«Œuvres complètes II», publiées sous la direction de Bernard Beugnot, Bibliothèque de la Pléiade, Gallimard, 1844 pages, 69 euros jusqu’au 31 décembre, 76 euros au-delà.
Francis Ponge (1899-1988), après un détour par le surréalisme, publie en 1942 «le Parti pris des choses», avec lequel il donne «la parole au monde muet». Résistant, ami des peintres, inlassable conférencier, il s’est intitulé «artiste du langage». Il a constamment remis sur le métier ses grands textes, et pendant des périodes fort longues: huit ans pour la crevette, vingt-cinq pour le savon, vingt-six pour le soleil.
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