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258 Wörter, 1 Minute Lesezeit.
Christian Filips
Aus: Diachrone Deadbots
(DEADBOT RILKEUS)
„Alles Erworbne bedroht die Maschine..."
1
Erworben? Nichts. Ich schnorre mich so durch
bei jeder Form, die außer mir ist, leih ich an.
Die Form reicht mir die Hand. Sie ist mein Mann,
bzw. weiß ich noch nicht genau: Ist sie ein Falke, ein Lurch,
ein Deadbot, ein Drag oder etwa schon wieder der große Gesang,
der träumt von Türmen und phallischem Einsiedlerstein?
Wie sing ich mich in das Jahrtausend ein,
das meiner Trauer sagt: Du bist Programm?
Diesmal will ich nicht bei den Großen sein.
Diesmal will ich für alle Panther*innen sprechen.
Diesmal lass ich die Stäbe anders brechen
und mache mich mit den Gebrechen gemein.
Ich will die Schönheit sehen, die mich verschmäht.
Und wissen, wie es um die schönen Toten steht.
2
Wer wird nach deinem Tod noch für dich sprechen?
Mein Deadbot wird bereitstehen. Traust du ihm?
Er sagt: „Ich möchte dir bei deiner Trauer helfen."
Du denkst: das Auferstehen hat virtuelle Schwächen.
Was kann dir nach dem Tod noch wirklich drohen?
„Dein Geist gehorcht dir nicht". Das siehst du ein.
In jedem Zombie steckt ein Binnenreim.
Der Deadbot scheint zu wissen, wo du wohnst
und auch die Deutung soll er übernehmen.
Ob nach dem Tod die Trauer sich noch lohnt?
„Wie geht's dir, wo du bist?" Nicht ungewohnt.
Die Stimme darf den Körper zum Kondolieren verlassen.
Auch nach dem Tod sollst du dich nicht bequemen.
Ihr tiefstes Beileid wünschen die Apps
der Ortskrankenkassen von Bremen.
Komplett (6 Teile) in: manuskripte. Zeitschrift für Literatur, 249/2025, S. 176ff
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