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Veröffentlicht am 20. Oktober 2025 von lyrikzeitung
190 Wörter, 1 Minute Lesezeit
Raquel Nobre Guerra
Das war, als sie mich fragten, zu was Poesie gut sei.
Um Motten anzulocken. Keine Ahnung.
Sie wollten mein Horoskop erstellen:
Ich würde mich so gern ins Leben einmischen.
Und wenn du keine Dichterin wärst, fragten sie,
was wärst du dann? Ich schlug eine beliebige Seite auf –
Athletin, Staffelläuferin, Wirtin, spielsüchtig
nach allem, was mich von der Buchhaltung befreit.
Und ein gutes Gedicht? Eine Banane, die in einer Obstschale fault.
Und was bewegt dich? Eine Banane, die in einer Obstschale fault.
(Es geht hier kein bisschen um Metaphysik, die schwarzen
Flecken haben mich schon immer schwach gemacht.)
Sie wollten sogar wissen, was ich
mir als Grabinschrift wünsche.
Was ich einem Politiker schicken würde.
Wenn ich genauer darüber nachdenke, will ich den Sterbenden loswerden
ein in die Jagd verliebtes Raubtier muss so etwas wollen.
Kommt, spielt mit mir,
bis auf weiteres, bis auf weiteres
steht es geschrieben.
Aus: Raquel Nobre Guerra: Senhor Roubado. Hochroth Frühjahr 2019 (Aus dem Portugiesischen von Odile Kennel), S. 23
RAQUEL NOBRE GUERRA, geboren 1979 in Lissabon, ist Lyrikerin und Philosophin. Sie promoviert über die Kategorie des Fragments bei Fernando Pessoa. (Aus dem zitierten Band).
Kategorie: Portugal, PortugiesischSchlagworte: Übersetzte Lyrik, Banane, Fragment, Frauen in der Lyrik, Gegenwartslyrik, Grabinschrift, Hochroth 2019, Lissabon, Lyrikzeitung, Metapher, Minimalismus, Odile Kennel, Poesie und Alltag, Politische Poesie, portugiesische Lyrik, Raquel Nobre Guerra, Senhor Roubado
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