Ich verschlinge die Welt

202 Wörter, 1 Minute Lesezeit

Pablo Jofré

(* 18. April 1974 in Santiago de Chile)

ICH, DER DICHTER

ICH, DER DICHTER, verschlinge die Welt
mit meinen Händen und sauge ihre Flüssigkeiten auf, ich liebe
die Männer und die Frauen, ihre unschuldigen
oder sarkastischen Augen, ich liebe
ihre Ängste und auch ihr Begehren; ihre Illusionen.
Ich umarme alle Bäume, immer wenn ich kann
ich suhle mich auf dem Rasen und auf der Erde
den unendlichen Seen.

Ich umarme die Tiere, küsse sie, danke ihnen
und bitte sie um Verzeihung; auch die Pflanzen
und ihre Blumen, die mich ansehen.
Ich renne durch diese Straßen, um
das zu erreichen, was ich begehre, rufe laut nach jenem,
der sich in Gefahr befindet
oder den ich leidenschaftlich küssen will.
Ich liebe die Liebe, den Sex zwischen vertrauten Körpern
und auch zwischen Unbekannten.
Ich bin geduldig und ungeduldig;
genieße es zu tanzen, zu trinken, zu schlafen
und zu lieben, in meinen Bettlaken oder seinem.

Unermüdlich suche ich Antworten auf Alles. Und manchmal
wenn meine Seele vergiftet wird,
steigt brennender Hass in mir auf.

Aus: Pablo Jofré: Straße um Straße. Gesammelte Gedichte. Aus dem Spanischen von Barbara Buxbaum und Johanna Menzinger sowie von Léonce W. Lupette (S. 62-63) und Odile Kennel (S. 99-124). Köln, Leipzig: parasitenpresse, 2023, S.61

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