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Veröffentlicht am 4. August 2025 von lyrikzeitung
196 Wörter, 1 Minute Lesezeit
Sarah Kirsch
(* 16. April 1935 in Limlingerode am Harzrand; † 5. Mai 2013 in Heide (Holstein))
Der Maler Ebert
Und dann gingen wir noch
Den Maler Ebert am Stadtrand besuchen
Da stellten wir fest: Frühjahr war: den Wiesen am Fluß
Wuchs schon was und die Sträucher
Beblätterten sich und Vögel
Rieselten raus. Wo er wohnt
Ist die Saale sanft gebogen und die Schwärze
Überspannt mit zierlicher Wölbung ein Brückchen.
Im breiten Treppenhaus der Geruch alter Häuser
Ohne Wasserklosett aber man fühlt sich geborgen
Schon sahn wir die Bilder schimmern aus weißen Rahmen
Klopften da sagte die Nachbarin
Er wäre weggegangen und wenn er ginge
Zumal seine Frau beim Frisör sei käme er
Vor Anbruch der Nacht nicht. Wir fragten
Nach seinen Lieblingskneipen
Sahen in jede steckten den Kopf
Aus der Sonne in dämmrige Bierstuben
Kleinen rauchigen Inseln die Flaschen
Klingelten leise – ein Wirt
Hatte ihn gehn sehn empfahl uns
An den nächsten Wirt in der Straße
Aber nirgends im Mohren nicht nicht in der
Gosenschänke. Und dann fing die Stadt an
Wir konnten ihn
Nicht weiter verfolgen der Baum der Kneipen
Verzweigte sich mächtig
Aus: Sarah Kirsch, Zaubersprüche. Berlin und Weimar: Aufbau, 1973, S. 53
Albert Ebert (* 26. April 1906 in Halle (Saale); † 21. August 1976 ebenda) war ein naiver deutscher Maler und Grafiker in der DDR. (Wikipedia)
Ein Bild von ihm kann man hier sehen.
Kategorie: DDR, Deutsch, DeutschlandSchlagworte: 1970er Jahre Literatur, Albert Ebert, Aufbau Verlag, Bild und Sprache, DDR-Kunstszene, DDR-Lyrik, Der Maler Ebert, Frauenstimme der DDR, Frühling in der Lyrik, Gedichte über Maler, Halle an der Saale, Künstlerporträt, Kneipenkultur, Landschaft und Stadt, Lyrik und Alltag, Naive Malerei, Sarah Kirsch, Zaubersprüche
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