Das Archiv der Lyriknachrichten | Seit 2001 | News that stays news
Ciara Ní É
Da ich Irisch tagtäglich spreche, geht mir immer ziemlich gegen den Strich, wenn jemand es als tote Sprache bezeichnet. Meine gelebte Erfahrung könnte nicht weiter entfernt davon sein, denn ich hatte das Vergnügen, mich in eine ebenfalls Irisch sprechende Person zu verlieben. Minorisierte Sprachen werden seltener für Werbung, Filme, Pornografie usw. verwendet, dabei haben wir as Gaeilge, auf Irisch, mehr Freiheit, unsere eigenen Welten mit unseren eigenen Worten zu erschaffen.
Diese tote Sprache
Ich höre sie behaupten, meine Sprache sei tot
Doch das ist mir egal
Die begreifen den eigenen Mangel nicht mal,
sind blind für solche quicklebendigen Momente
Da ist sie
während ich in meinem Wortschatz wühle
aus tiefstem Herzen einer
passenden Definition nachspüre
für unsere ... Verbindung? Verwringung? Verschlingung?
Da ist sie
in weiter Ferne unter Sternen
während du Bezauberndes ins Handy raunst
das wundersam die Luft durchquert
und mir ins Ohr geflüstert wird
Da ist sie
als vorgebrachte Bitte
während ich auf Knien vor dir sitze
in einem schicken Hotel in der Stadt
Da ist sie
diese tote Sprache
strömt aus deinem Mund, solange du in meinem bist
Da ist sie
diese Sprache, die streichelt
diese Sprache, die schmeichelt und lustvoll berührt
Da ist sie, da
und da schon wieder –
Im Vokativ
Ich rufe deinen Namen
Deinen Namen
Deinen Namen
Aus dem Englischen von Anna-Nina Kroll. Aus: Sprache im technischen Zeitalter 250, Juni 2024, S. 195f.
Dieses Gedicht hat die zweisprachige irische Autorin und Performancekünstlerin ursprünglich auf Irisch geschrieben und für die Übersetzung ins Englische übersetzt.
Ist das Gedicht irgendwo auch auf Englisch und Irisch zu finden?
LikeLike
Hier trägt die Autorin das Gedicht im Original vor:
LikeGefällt 1 Person