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Veröffentlicht am 28. Juni 2024 von lyrikzeitung
Ferdinand Hardekopf
(* 15. Dezember 1876 in Varel; † 26. März 1954 in Zürich)
Spleen
Ein Bündel Mond erreichte mein Gesicht
Um 3 Uhr nachts, ein Quantum Butterlicht,
Und mahnte [3 Uhr 2]: »Ein Spuk-Gedicht,
Nervös-geziert, ist Literatenpflicht!«
Die Kammer dehnte sich verbrecher-hell.
Der Mond, ein Dotterball, schien kriminell.
Da stieg die Dame Angst [-Berlin] reell
Auf ihr imaginäres Karusell.
Ein Schneiderkleid umpresste mit Radau
Die Dame Angst: die Gift- und Gnadenfrau.
Doch das Zitronen-Ei [um 3 Uhr 5 genau]
Versank in Bar-Fauteuils aus Dämmerblau. –
Nachhüstelnd, matt-dosiert: »Macabre-Bar!
Ihr lila Blicke! Schweflig Tulpenhaar!
Aus Puderkrusten Tollkirsch-Kommentar!
Ein Gruss: du noctambules Seminar!«
... So. 3 Uhr 10. Wie süss verwirrt ich war!
(1921)
Aus: Der neue Conrady. Das große deutsche Gedichtbuch. Neu herausgegeben und aktualisiert von Karl Otto Conrady. Düsseldorf u. Zürich: Artemis und Winkler, 2000, S. 614
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Ferdinand Hardekopf
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