450. Geburtstag: Theobald Hock

Theobald Hock (oder Hoeck)

(* 23. August 1573, heute vor 450 Jahren, in Limbach bei Homburg; † nach 1624)

Theobald Hock war ein Diplomat und ein Pionier der neueren deutschen Dichtung. Er wollte sie – vor Opitz – durch sein Beispiel reformieren. Ein kräftigerer Dichter war er auch. Dafür spricht dieses, sein wohl bekanntestes Gedicht.

Von Art der Deutschen Poeterey

DIe Deutschen haben ein bsonder art und weise /
Daß sie der fremden Völcker sprach mit fleisse /
Lernen und wöllen erfahrn /
Kein müh nicht sparn /
In jhren Jahren.

Wie solches den ist an ihm selbs hoch zloben /        |  ihm: sich
Drauß man ihr geschickligkeit gar wol kan proben /
Wenn sie nur auch ihr eygene Sprachen /
Nit vnwerth machen /
Durch solche sachen.

Denn ander Nationen also bscheide /
Ihr Sprach vor andern loben und preisen weidte /
Manch Reimen drin dichten /
So künstlich schlichten /
Vnd zsammen richten.

Wir wundern vns daß die Poeten gschriben /
So künstlich Vers vnnd Meisterstück getrieben /
Daß doch nicht ist solch Wunder /
Weil sie gschrieben bsunder /
Ihr Sprach jetzunder.

Den sein Ovidius vnd Maro Glerte /       | M.: Vergil. G.: Gelehrte
Nit gwesen Reimer also hoch geehrte /    | Reimer: Dichter
Die sie in der Mutter Zungen /
Lateinisch gsungen /
Daß jhnen glungen. 

Warumb sollen wir den vnser Teutsche sprachen /
In gwisse Form und Gsatz nit auch mögen machen /
Und deutsches Carmen schreiben /
Die Kunst zutreiben /
Bey Mann vnd Weiben. 

So doch die Deutsche Sprach vil schwerer eben /
Als ander all / auch vil mehr müh thut geben /
Drin man muß obseruiren /
Die Silben recht führen /
Den Reim zu zieren.    | R.: Vers

Man muß die Pedes gleich so wol scandiren /
Den Dactilum vnd auch Spondeum rieren /    | r.: rühren
Sonst wo das nicht würd gehalten /
Da sein dReim gespalten /
Krumb und voll falten.

Vnd das noch schwerer ist so sollen die Reime /
Zu letzt grad zsammen gehn vnd gleine /    | die Verse sollen hinten reimen 
Das in Lateiner Zungen /
Nit würdt erzwungen /
Nicht dicht noch gsungen.    | d.: gedichtet

Drumb ist es vil ein schwerer Kunst recht dichten /
Die Deutsche Reim alls eben Lateinisch schlichten / 
Wir mögen new Reym erdencken /
Vnd auch dran hencken / d.h.: danach trachten
Die Reim zu lencken.

Niembt sich auch billich ein Poeten nennet /      | N.: Niemand
Wer dGriechisch und Lateinisch Sprach nicht kennet /
Noch dSingkunst recht thut richen /    | ri.: beherrschen
Vil Wort von Griechen /
Ins Deutsch her kriechen.

Noch dürffen sich vil Teutsche Poeten rühmen /
Sich also schreiben die besser zügen am Riemen /
Schmiden ein so hinckets Carmen /    | h.: hinkendes
Ohn Füß vnnd Armen /
Das zuerbarmen.

Wenn sie nur reimen zsammen die letzte Silben /
Gott geb wie die Wörter sich vberstilben /    
Das jrret nicht ihre zotten /   | z.: Gewirr
Ein Handt voll Notten /     | Noten
Ist bald versotten.

O wenn sie sollen darfür an dHacken greiffen /
Vnd hacken Holtz / wenn es nit khride zu Pfeiffen /     | k.: geriete
Khridts doch zu Poltzen selber /       | P.: Taktstock
Sie trügen doch gelber /    | g.: heller, besser
Für Lorber Felber.   | statt Lorbeer Weidenkränze

Aus: Schönes Blumenfeld. Ausgewählte Gedichte, hrsg. Bernd Philippi und Gerhard Tänzer. Frühneuhochdeutscher Text mit einer Version in moderner Schreibweise. Saarbrücken: Conte Verlag 2007, S. 42ff

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