Elektronisches Gedicht

1956 beauftragte die niederländische Firma Philips den schon damals berühmten Architekten Le Corbusier damit, für die Weltausstellung in Brüssel zwei Jahre darauf einen einzigartigen Pavillon zu errichten und künstlerisch zu gestalten. Le Corbusier hatte die Idee zu einem, wie er sagte, „elektronischen Gedicht“. Dazu entwarf sein Assistent, der Komponist und Architekt Iannis Xenakis, nach mathematischen Regeln erst einmal die Räumlichkeiten, einen Pavillon, der von außen so aussah wie drei miteinander verschmolzene Indianerzelte.

Stefan Weinzierl: „Das war ein Gebäude, in dem ungefähr 500 Personen Platz hatten. Das Gebäude hat den Grundriss eines Magens gehabt. Und die Idee von Le Corbusier war quasi, dass der Zuschauer diesen Magen betritt und nach verdautem Zustand, also nach künstlerischem Genuss, wieder als neuer Mensch verlässt.“

Innen wurde der Pavillon in unterschiedliche Farben eingetaucht; von Le Corbusier persönlich ausgewählte Schwarz-Weiß-Fotos und kleinste Filmsequenzen wurden an die Wände projiziert und gaben einen Abriss der Menschheitsgeschichte und einen positiven Ausblick in die Zukunft. Währenddessen war eine sekundengenau auf die achtminütige Projektion abgestimmte avantgardistische Komposition von Edgar Varèse zu hören. Aber nicht an einem festen Ort. Vielmehr wanderte der Ton über 350 Lautsprecher, die in Form von zehn Routen angeordnet waren und den ganzen Pavillon durchzogen. / Tobias Wenzel, DLR

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..