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Veröffentlicht am 3. Juni 2015 von lyrikzeitung
Bossong stellt die Frage: Wieviel Sprachirritation wollen wir uns leisten, wenn wir kaum jemanden mehr erreichen.
Rinck antwortet: „Es ist nicht so, dass die Beschäftigung mit Gedichten Ihnen Zeit nimmt. Im Gegenteil: Sie gibt Ihnen Zeit. (…) Stunden, die quer zur Eindeutigkeit stehen und alles aufhalten, weil Sie selbst aufgehalten sind. Das sind die Stunden, die bleiben. (…) Tricksen Sie Erwartungen aus, lassen Sie sich nicht berechnen. Tun Sie idiotische Dinge, lesen Sie unverständliches Zeugs, (…) und Ihnen wird Zeit geschenkt. … Das Gedicht ermöglicht Ihnen, einem Gedanken Zeit zu geben.“
Wenn alles verständlich wäre, fragt sie weiter – wenn alles verständlich wäre, würde man sich dann nicht von einer ganzen Dimension des Lebens verabschieden, von der Möglichkeit zu Überraschung und Erstaunen. Überraschung über manche Dinge aber ist eine notwendige Bedingung des Denkens.
Monika Rinck, Risiko und Idiotie. Streitschriften, kookbooks Berlin, 2015.
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Monika Rinck, Nora Bossong
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