Friedrich Achleitner wird 85

Als Mitglied der legendären „Wiener Gruppe“ habe er die Mythen der traditionellen Poesie zertrümmert, vermerken Klappentexte nach wie vor, obwohl er selbst gelegentlich nüchtern erklärt, dass sich über die informelle Gruppierung der späten Fünfzigerjahre einige Mythen verfestigt hätten.

(…)

Auf schwankendem Sprach- und Realitätsboden vermittelt dieses  wortgesindel auch Blitzaufnahmen von Verhaltensweisen wie die immer gleichen Fragen nach Lesungen, einerseits in Deutschland („wie ist das eigentlich mit den einfällen? kommen die von selbst?“), andererseits in Österreich („ich schreib auch ein bisserl, darf ich ihnen einmal was schicken?“). Oder die Charakterisierung der falschen Formfassade der Idylle auf dem Land: „die dorfbewohner fürchten sich vor der hölle und ahnen nicht, dass sie in ihr leben.“

Derart führt Friedrich Achleitners Prosa höchst vergnüglich und pointiert vor, wie sich Wirklichkeit aus Sprache entwickeln kann. Mit Anregungen von Mauthner, Wittgenstein und Karl Valentin schafft sie ihren eigenen Reiz, sodass das scheinbar Selbstverständliche nicht mehr von selbst verständlich scheint. Da bezeichnet ein Passant einen anderen als „glückspilz“, weil er jedes Jahr am gleichen Tag Geburtstag habe.

In dem Text innenkomfort ist von einem „runden geburtstag“ die Rede. Zu einem solchen – bei dem, genau betrachtet, „rund“ im landläufigen Sinn nur für die erste Zahl und Ziffer ganz zutrifft – gratulieren wir Friedrich Achleitner auf das Herzlichste. / Klaus Zeyringer, Der Standard 16.5.

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