24. Die schönste Fremdsprache der Welt

Richard Kämmerlings lobt ein Kinderbuch, analysiert nebenbei die LAGEDERLYRIK, definiert den Vers und gibt den Dichtern Empfehlungen:

Das Schöne ist, dass man sich an Gedichten kaum überfressen kann, weil man einfach mit der Zeit selbst anfängt zu dichten und zu reimen und zu keimen. „Kakaraka! Ich bin der Hahn, / der eine fremde Sprache kann.“ Und Lyrisch ist eben die erste und schönste Fremdsprache auf der Welt, und die einzige, die man sofort verstehen kann. „Krawau! Krawau! Krawau! So bellt / der kleinste Krähenhund der Welt.“

Aber diese Fremdsprache ist auch vom Aussterben bedroht, und jetzt also doch etwas auf Literaturkritisch. Georg Bydlinski wurde 1956 in Graz geboren, seine ersten Gedichtbände, für Erwachsene und für Kinder, erschienen Anfang der Achtziger. Das war die Zeit, als Lyrik (für Erwachsene) zum letzten Mal für richtige Verkaufserfolge sorgte, mit den Bänden Erich Frieds, später dann auch mit Ulla Hahn oder, ja, so waren die Achtziger, Kristiane Allert-Wybranietz. Robert Gernhardt wurde gerade erst so richtig entdeckt.

Seither aber hat sich die Gegenwartslyrik immer weiter von den Lesern entfernt. Die bedeutendsten jüngeren Dichter wie Jan Wagner, Marcel Beyer oder Marion Poschmann kennen nur wenige Eingeweihte, von den mikroskopischen Verkaufszahlen zu schweigen. Das schlägt natürlich auch bis in die Kinderzimmer durch, wo dann zum Vorlesen wieder die Horrorpädagogik des „Struwwelpeter“ oder der ewige Wilhelm Busch herausgekramt wird. Man kann es den Autoren nicht verdenken, dass sich kaum einer an die harte und brotlose Arbeit des Verseschreibens macht. Dabei täte eine Renaissance der Dichtung für Jung und Alt dringend Not. Der Niedergang verstärkt sich wechselseitig: Kinder lernen keine Gedichte mehr, weil die Eltern keine mehr kennen. / Die Welt

Georg Bydlinski: Das Gnu im linken Fußballschuh. Gedichte für neugierige Kinder. Illustriert von Susanne Straßer. Boje, Köln. 64 S., 9,99 €. Ab 6 J.

2 Comments on “24. Die schönste Fremdsprache der Welt

  1. Macht sich wirklich kaum ein Autor noch an die harte und brotlose Arbeit des Verseschreibens? Da sollte Richard Kämmerlings mal über den Gartenzaun seiner offenbar eingeschränkten Wahrnehmung schauen.

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