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Veröffentlicht am 7. September 2014 von lyrikzeitung
Während die Abraumhalden nicht zu übersehen waren, die bei der Uranförderung anfielen, blieb die Radioaktivität unsichtbar, die die Menschen verstrahlte. Doch auch wenn sie nicht zu sehen war, es gab sie und es gibt sie weiterhin. Die Geschichte dieser Landschaft und ihrer Menschen erzählt Lutz Seiler, indem er wie ein Geigerzähler die von dieser Gegend ausgesendeten Signale empfängt und sie in Poesie übersetzt. Eindringlich ist der Ton, den er im Gedicht „pech & blende“ anschlägt.
„obwohl / wir selbst längst hätten schlafen müssen / drängten wir zu mutter hinunter, wenn vater / nachts umherging und schrie / den knochen das weiss das waren die knochen / mit russischen ölen und erzen / so sagten wir uns, er wittert das erz, es ist der knochen, ja // er hatte die halden bestiegen / die bergwelt gekannt, die raupenfahrt, das wasser den schnaps / so rutschte er heimwärts, erfinder des abraums / wir hören es ticken, es ist die uhr, es ist / sein geiger zähler herz“ (pech & blende, 36f.)
Neben dem Geigerzähler wird im Gedicht mit der Uhr auf ein weiteres Messgerät verwiesen, das in Seilers Poetik einen zentralen Platz einnimmt. Die Uhr, die das vergehen von Zeit anzeigt, und der Geigerzähler, der Radioaktivität hörbar macht, sie kommunizieren mit dem Auge und mit dem Ohr. Einen Geigerzähler nennt der Erzähler in Seilers Prosatext „Turksib“ – für den er 2007 den Ingeborg-Bachmann-Preis erhielt – liebevoll seinen kleinen Erzähler. / Mehr bei Michael Opitz, DLR
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Lutz Seiler, Michael Opitz
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