86. Heidi Pataki

Heute vor 8 Jahren starb die österreichische Lyrikerin Heidi Pataki. Wolfgang Schnier veröffentlicht in seinem Blog eine ausführliche Würdigung und macht ihre Elf Thesen zur Lyrik aus dem Jahre 1968 wieder zugänglich. Kurzer Auszug aus dem Artikel:

Mit zum Teil ätzender Kritik reflektierte sie die frauenfeindlichen Denk- und Verhaltensmuster im deutschsprachigen Literatur- und Kulturbetrieb. Mit einem Blick auf ihre eigene Biographie als Lyrikerin, Essayistin und Journalistin und mit dem damit einhergehenden Rollenwechsel von Dichterin zu Publizistin und der daraus resultierenden unterschiedlichen Wahrnehmung ihrer Autorinnenrolle griff  sie in dem 1993 im Gedichtband kurze pause erschienenen Gedicht konkurrenz ironisierend den patriarchalen Literaturbetrieb an und kritisierte scharf die Ausgrenzungsmechanismen und die Wahrnehmungsschranken von ihr als eine weibliche Autorin, die sie deviant machten:

sie schreibt essays;
doch die kollegen essayisten sagen:
in wahrheit ist sie eine dichterin!

sie schreibt gedichte;
doch die kollegen dichter sagen:
in wahrheit ist sie eine essayistin!

sie schreibt für die zeitung;
doch die kollegen journalisten sagen:
in wahrheit ist sie eine dichterin & essayistin!

die wirklichen dichter kreischen:
sie schreibt in der zeitung;
wie kann sie da eine dichterin sein?

die wirklichen essayisten lispeln:
sie schreibt in der zeitung;
wie kann sie da eine essayistin sein?

jetzt ist sie um die vierzig und fragt sich:
was ist wirklich?
während die jungen sagen: was will
die alte schlampe? die schafft das nie.

ätsch.

Literatur über Heidi Pataki:


Eintrag auf der Website der Grazer AutorInnenversammlung (GAV)

Eintrag in der österreichischen Nationalbibliothek

Sieglinde Klettenhammer: “Strich durch den Wirt!” Sprachkritik und Sprachexperiment als Ideologiekritik im Werk von Heidi Pataki. In: Hildegard Kernmayer/Petra Ganglbauer (Hg): Schreibweisen. Peotologien. Die Postmoderne in der österreichischen Literatur von Frauen. Wien 2003, S. 291-313.

Sieglinde Klettenhammer: Die Dichterin als Publizistin. Zu Heidi Pataki. In: Sigurd Paul Schleichl (Hg.): Feuilleton – Essay – Aphorismus. Nicht-fiktionale Prosa in Österreich. Beiträge eines polnisch-österreischen Germanistensymposiums. (Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft. Germanistische Reihe 71). Innsbruck 2008, S. 269-288.

Sigurd Paul Schleichl: Gilm-Palimpseste. Heidi Pataki – Erich Weinert – Georg Trakl. Formen der Intertextualität. In: Mitteilungen aus dem Brenner-Archiv 10 (1991), S. 24-38.

Sigurd Paul Schleichl: Spiele mit Sprache in Gegenwartsliteratur aus Österreich. In: Seminar 32 (1997), S. 189-212.

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